Wenn der Schnee ausfällt

Wintersaison ohne Zukunft?

Eine kürzlich veröffentlichte OECD-Studie zeichnet hinsichtlich Klimawandel ein dramatisches Zukunftsszenario im Wintertourismus. Demnach werden in einigen Jahrzehnten 70 Prozent der Skigebiete in Österreich nicht mehr schneesicher sein. Panikmache oder Realität?

ZAMG-Klimaexperte Reinhard Böhm zum Klimawandel

Der Klimawandel ist Wirklichkeit. Darin sind sich seriöse Wissenschaftler einig. Die Frage ist nur, wie schnell und wie stark dieser Wandel ausfällt. Für den österreichischen Wintertourismus ist diese Frage entscheidend.

Düstere Prognosen

Einige Studien zeichnen ein dramatisches Bild. Eine vor kurzem veröffentlichte Studie der OECD, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa, zeigt etwa auf, dass 70 Prozent der Skiigebiete in Österreich in einigen Jahrzehnten nicht mehr schneesicher sein und an hundert Tagen im Jahr nur eine Schneedecke von mindestens 30 Zentimetern haben werden.

Ein Meteorologe der Universität für Bodenkultur entwirft ein Szenario, wonach Ende des Jahrhunderts Skiifahren unter 2.000 Meter kaum mehr möglich sein wird.

Ein Tourismus-Experte des Wifo, des Wirtschaftsforschungsinstituts, meint, die Wintersaison könnte in den Fremdenverkehrsgebieten bald deutlich kürzer sein - eine Prognose, die bei den ungewöhnlich hohen Temperaturen heuer im November und Dezember plausibel erscheint.

Reine Panikmache?

Vertreter der Tourismuswirtschaft beschwichtigen und warnen vor Panikmache. Sie argumentieren gerne mit Beobachtungen aus der Vergangenheit, wonach es auch früher milde, schneearme Winter gegeben habe. Sie stellen also Klimaprognosen Wettererscheinungen gegenüber, was die Diskussion für beide Seiten oft unbefriedigend macht.

Für die kommenden 20 Jahre sei noch keine dramatische Erwärmung zu erwarten, erklärt ein Meteorologe der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik auf der Hohen Warte. Die Klimaerwärmung komme langsam und sei deshalb weniger deutlich spürbar als die normalen Schwankungen von einem Jahr zum anderen.

Projekt Schladming - Boku Wien

Einige Schigebiete geben sich mit Horrorszenarien auf der einen und Beschwichtigungen auf der anderen Seite nicht zufrieden. So arbeiten etwa die Planai-Bahnen in Schladming mit der Universität für Bodenkultur in Wien zusammen. Das Projekt soll zeigen, welche Auswirkungen der Klimawandel auf ein konkretes Schigebiet haben wird.

Die Talstation in Schladming liegt auf knapp 750 Metern Höhe, auf den ersten Blick ist Schladming von höheren Temperaturen und Schneefallgrenzen besonders betroffen. Erste Ergebnisse des Projekts zeigen aber, dass die Temperaturen im Tal im Jänner und Februar tiefer und damit günstiger für die künstliche Beschneiung sind als auf der Mittelstation.

Magere Zukunftskonzepte

Auch wenn sich das Klima nur langsam ändert, es ändert sich und wird die Schigebiete langfristig vor Probleme stellen. Tourismusexperten sehen derzeit keine Konzepte, die den Skiitourismus ersetzen könnten. Wellness oder Unterhaltungsangebote, andere Sportarten oder Wandern könnten nur zusätzliche Angebote sein. Das stärkste Motiv für Winterurlauber ist aber, Winterstimmung genießen und sich im Freien bewegen zu können. Dies hat eine Befragung für das Projekt von Boku Wien und Schladming ergeben: "Für Nordic Walking im Regen muss man nicht in die Berge fahren“, bringt es eine Wissenschaftlerin der Boku auf den Punkt.

Die wichtigste Antwort bisher auf Schneeprobleme ist künstliche Beschneiung. Darauf werden Skigebiete in Zukunft noch stärker setzen. Sogar Anlagen, die bei hohen Plusgraden Schnee erzeugen, sind in Planung. Allerdings wird die Produktion von Kunstschnee dann sehr teuer. Das wird sich auf die Preise der Liftkarten auswirken. Skiifahren wird damit noch teurer. Fraglich, wie lange Urlauber bereit sind, mehr Geld auszugeben, um auf einem weißen Band durch eine braune Landschaft zu fahren.

Hallen oder Tunnel?

Weitere Alternativen sind Skihallen oder Langlauf-Tunnel, wie es sie in einigen Ländern bereits gibt. Österreichische Liftbetreiber sehen solche Ideen eher als Möglichkeit, Leute in anderen Ländern für Wintersport zu begeistern, um sie dann in die Alpen zu locken. Für einen Massenbetrieb sind Skiihallen zu teuer und zu klein.

Wintertourismus ohne Winter wird aber auf Dauer nicht funktionieren. Da sind sich Experten aus den verschiedensten Richtungen einig. Das einzige Alternativkonzept zum Skiiurlaub, das langfristig Erfolg haben könnte, ist der Sommertourismus. Die Orte in den Alpen, die jetzt von den Skitouristen leben, könnten sich im Sommer als Rückzugsgebiet für Hitzegeplagte anbieten - und so vom Klimawandel profitieren.

Hör-Tipp
Saldo, Freitag, 22. Dezember 2006, 9:45 Uhr

Download-Tipp
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Links
austria.info.at - öst. Tourismusportal
austriaurlaub.com - öst. Tourismusseite mit Bundesländern
ZAMG - Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik
Boku - Universität für Bodenkultur Wien

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