Die Nächsten sind dran
Kabarett der Generationen
Kabarett als Gradmesser für das Tempo einer Gesellschaft? Worüber hat man Anfang der 1980er Jahre gelacht? Was wollten die NachfolgerInnen von Steinhauer und Resetarits anders machen, und: Wann kam die so genannte neue Kabarettgeneration auf die Bühne?
8. April 2017, 21:58
Lukas Resetarits auf der Suche nach dem Karl
Die Lust, Leute zum Lachen zu bringen, verspürte Lukas Resetarits schon, da war er noch Traffic Officer am Flughafen Wien Schwechat. Als einer der ersten wagte er 1977, wie e selbst sagt, "einen Riesenköpfler in ein Pool, von dem man nicht wusste, ob Wasser drinnen ist": mit "Rechts Mitte Links" stellte er sein erstes Solokabarett vor. 2007 feiert Lukas Resetarits nun sein 30-jähriges Bühnenjubiläum. Gemeinsam mit Roland Düringer und Thomas Stipsits, drei Künstler, die gleichzeitig auch für drei Generationen von Kabarettisten stehen, hat er sich Gedanken zum österreichischen Kabarett gemacht.
Schräge Vögel
Als Jugendlicher war Resetarits ein Fan von Karl Farkas und Gerhard Bronner. Wirklich imponiert haben ihm aber die so genannten "schrägen Vögel", Figuren wie Johann Sklenka, deren Stärke nie darin lag, die absoluten Publikumslieblinge zu sein. Dass Lukas Resetarits heute mit dem deutschen Komödianten Helge Schneider eine Art Seelenverwandtschaft verbindet, ist also kein Zufall.
Noch als Conferencier der "Schmetterlinge" trat Resetarits 1974 im legendären Folkclub Atlantis vor das Publikum und unterhielt es mit seiner Königsdisziplin: Geschichten erzählen. In seinen Anfängen orientierte sich Resetarits an der Tradition der "roten Spieler", einem 1932 gegründeten Zusammenschluss verschiedener Arbeiter- und Bauerntheatergruppen.
Silvesterverweigerer im Doppelpack
Sieht man von seinen Auftritten im Ensemble-Theater ab und von seinem zweijährigen Gastspiel bei der Kabarettgruppe KEIF, der auch Erwin Steinhauer, Erich Demmer und Wolfgang Teuschl angehörten, trat Lukas Resetarits in erster Linie als Solokabarettist in Erscheinung, musikalisch unterstützt von Robert Kastler. Das wird sich zum ersten Mal am kommenden Silvesterabend ändern.
Am 31. Dezember 2006 sind gleich zwei gemeinsame Auftritte mit Roland Düringer geplant, einem Humorkollegen im Geiste. Was Lukas Resetarits heute interessiert, das sind die großen Zusammenhänge, das ist die Abhängigkeit der Politik von der Wirtschaft, der Markt als alles bestimmender Faktor. Das verbindet ihn mit Roland Düringer, mit dem er schon längst einmal gemeinsam ein Programm über eine Heizdeckenverkaufsfahrt machen wollte. Zu Silvester werden die beiden heuer erstmals gemeinsam einen Abend in der Wiener Stadthalle bestreiten. Motto: Alles ist erlaubt, aber nichts bleibt dem Zufall überlassen.
Düringer als Markenzeichen
Was den Zugang zum Kabarett betrifft, repräsentieren Resetarits und Düringer zwei Generationen. Roland Düringer gehörte nicht zu den jungen und begabten Menschen der 1980er Jahre, die unbedingt im Kabarett ihre Zukunft sahen. Eigentlich wollte er Schauspieler werden. Dass er diesen Beruf in den ersten Jahren bei der Kabarettgruppe Schlabarett mit Alfred Dorfer und Andrea Händler ausübte, hat sich so ergeben.
Als Solist verlieh er dem Kabarett kurzfristig Eventcharakter. Mit "Benzinbrüder" spielte er in der ausverkauften Wiener Stadtfalle. Roland Düringer will sich niemals wiederholen, weder inhaltlich noch in Form oder Performance. In seinen letzten Programmen orientierte er sich wieder an der ursprünglichen Idee der Kleinkunst: Er kehrte zurück auf die intimeren Kabarettbühnen. In seinem aktuellen Programm "Düringer ab 4.99" hat sich Roland Düringer dem Thema Wirtschaft, Markt und unsere Abhängigkeiten davon gewidmet. Stiller, kleiner und der Idee verpflichtet, sein Publikum jedes Mal zu überraschen.
Ein Freibad für Stinatz
Thomas Stipsits ist 23 Jahre alt und mittlerweile von Beruf Kabarettist. Ausgerüstet mit Gitarre und einem guten Instinkt für die richtigen Geschichten holte er sich Bühnenerfahrung beim Team der Langen Nacht des Kabaretts. Mittlerweile - zählt man seinen ersten Soloabend unter Ausschluss der Öffentlichkeit mit - hat er schon sein drittes Kabarettprogramm abgeliefert. Titel: "Griechenland".
Mit Lukas Resetarits hat er nicht nur die Vorliebe für gut erzählte Geschichten gemeinsam sondern auch den Geburtsort: der ist nämlich Stinatz. Für seine Heimatgemeinde wollte er schon in seinem zweiten Solo ein Freibad ersingen. Das Freibad für Stinatz gibt es allerdings nur als Protestsong und nicht als Bürgerbewegung. Noch nicht, wie Thomas Stipsits meint.
Für ihn ist es zunehmend wichtig, Gleichaltrige, eben die Generation 20+, für das Kabarett zu gewinnen. Er will es gar nicht einsehen, dass die Kleinkunst nur dem schon etwas gereifteren Publikum vorbehalten sein soll.
Hör-Tipp
Contra, Sonntag, 17. Dezember 2006, 22:05 Uhr
Veranstaltungs-Tipp
Silvester 2006 mit Roland Düringer und Lukas Resetarits, 31. Dezember 2006, 18:00 und 22:30 Uhr, Wiener Stadthalle, Halle F
Mehr dazu in oe1.ORF.at
Links
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Silvester in Wien
Silvester 2006