Tänzerisch oder wehmütig

Beethovens "Erzherzog-Trio"

Der fast taube Beethoven spielte selbst am Klavier, als sein "Erzherzog-Trio" uraufgeführt worden ist. Beethoven hat es Erzherzog Rudolph, dem jüngeren Bruder des österreichischen Kaisers, gewidmet. Zwei legendäre Einspielungen im Vergleich.

Heifetz/Rubinstein/Feuermann vs. Gilels/Kogan/Rostropovich

Beethovens "Erzherzog-Trio" entstand in seiner so genannten "mittleren Schaffensphase". Am 11. April 1814 wurde es im Saal des Hotels Römischer Kaiser in Wien uraufgeführt. Der fast taube Beethoven spielte selbst das Klavier, was zu etwas reservierten Kommentaren der Kritiker führte - aber auch zu sachkundigen Urteilen, die über das "Handycap" des Pianisten hinwegsahen.

Dirigent und Komponist Ignaz Moscheles kommentierte dieses neue Werk Beethovens mit den Worten: "Bei wie vielen Kompositionen steht das Wörtchen 'neu' am unrechten Platz! Doch bei Beethovens Kompositionen nie, und am wenigsten bei dieser, welche wieder voll Originalität ist."

Förderer Erzherzog Rudolph

Beethovens Trio opus 97 trägt den Namen "Erzherzog-Trio" weil es bekanntlich Erzherzog Rudolph, dem jüngeren Bruder des österreichischen Kaisers, gewidmet. Der war nicht nur ein sehr guter Klavierspieler, sondern auch einer der ganz wichtigen Förderer Beethovens, der etwa erwirken konnte, dass Beethoven ab 1809 ein festes Gehalt von drei Mitgliedern des österreichischen Adels bekam (darunter auch Rudolph selbst).

Beethoven hatte also allen Grund, Erzherzog Rudolph mit Widmungen zu beehren - wie zum Beispiel das Tripelkonzert, das vierte und fünfte Klavierkonzert, die Missa Solemnis und auch sein Trio opus 97.

Wie schnell gehört das Scherzo?

Auffällig ist die Länge des Werkes (je nach Aufnahme und Wiederholungen zwischen 35 und 45 Minuten). Es gibt keinen wirklich schnellen Satz: Allegro moderato - Scherzo: Allegro - Andante cantabile - Allegro moderato. Nur am Schluss komponiert Beethoven ein mit Presto überschiebenen Teil und natürlich ist die Frage: Wie schnell ist das Allegro des Scherzo (allegro heißt ja bekanntlich einfach "heiter")? Hier finden sich die größten Unterschiede der Interpretation.

Die Frage ist: Ist der Charakter dieses ausgelassenen Scherzo-Themas wie der eines heiteren Ländlers, mit tänzerischem Schwung (wie bei Heifetz, Rubinstein und Feuermann, siehe Audiofile, Beispiel 1), oder ist es eher eine innige, ein bisschen wehmütige, kantable, schwärmerische Melodie, wie in der Aufnahme mit Gilels, Kogan und Rostropovich (siehe Audiofile, Beispiel 2), die zudem eine auffällig weiche Artikulation wählen. Was in anderen Aufnahmen (vor allem der mit Heifetz) als kurzes, hartes staccato erklingt, wird hier in langsamerem Tempo weich gestrichen, fast gestreichelt.

Hör-Tipp
Ausgewählt, jeden Mittwoch, 10:05 Uhr

CD-Tipps
Jascha Heifetz, Arthur Rubinstein, Eduard Feuermann, RCA Victor Gold Seal/BMG, ASIN: B000054270

Emil Gilels, Leonid Kogan, Mstislav Rostropovich, Edition Emil Gilels, Le chant du monde, LDC 278 976

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