Gesangsstar genoss in den USA Kultcharakter

Leonie Rysanek

Nach wie vor ist die Erinnerung an die stets mit Totaleinsatz agierende Künstlerin Leonie Rysanek äußerst lebendig. Schließlich hat sie über vier Jahrzehnte lang Operngeschichte geschrieben. Am Dienstag hätte sie ihren 80. Geburtstag gefeiert.

Rysanek im Gespräch mit G. Cervenka (1996)

Leonie Rysanek war eine stets mit Totaleinsatz agierende Künstlerin. 1949 ging sie in Innsbruck in ihr erstes Engagement. Nicht einmal drei Jahre Ausbildung waren vorangegangen, unter anderem beim legendären Bassbariton Alfred Jerger, einer Wiener Opernikone aus den 1920er und 1930er Jahren.

Bereits 1951 debütierte Rysanek bei den ersten Bayreuther Festspielen nach dem Krieg, engagiert von Wieland Wagner und unter zwei Pultgrößen wie Karajan und Knappertsbusch. Das war gleichzeitig ihr großer internationaler Durchbruch, dennoch hing der Haussegen zwischen ihr, Karajan und Wieland Wagner bald schief, trotz oder vielleicht auch gerade wegen ihres Triumphes als Sieglinde.

Einspringerin für Maria Callas

Das Wiener Publikum zu gewinnen war anfangs ebenfalls schwieriger für sie als zum Beispiel jenes der MET in New York. Während sie sich hier etwa in den italienischen Rollen erst gegen die italienische Konkurrenz durchsetzen musste, lagen ihr die New Yorker sofort zu Füßen, als sie 1959 als Einspringerin für Maria Callas dort ihr Debüt als Verdis Lady Macbeth feierte. Nicht weniger als 37 Jahre lang genoss Leonie Rysanek in den USA Kultcharakter, und sowohl Management wie die künstlerisch Verantwortlichen von Bing bis Levine beeilten sich, ihr jeden Wunsch von den Augen abzulesen.

Zum Abschied gab es gar eine Neuinszenierung von Tschaikowsky "Pique Dame" mit ihr als Gräfin und mit Valery Gergiev am Pult. In Wien hingegen stießen ihre und vor allem die Wünsche ihrer Fans nach einer würdigen Abschiedsvorstellung auf taube Ohren. So hat sie sich schließlich im Rahmen der Salzburger Festspiele 1996 von ihrem österreichischen Publikum verabschiedet: als Klytämnestra in "Elektra" von Richard Strauss unter der musikalischen Leitung des ehemaligen Wiener Opernchefs Lorin Maazel.

Legendäre Marschallin

Richard Strauss gehörte zweifellos zu den zentralen Komponisten ihrer Laufbahn: legendär vor allem ihre Kaiserin in "Die Frau ohne Schatten" unter Karl Böhm, die Marschallin im "Rosenkavalier", die Titelrolle in "Salome", und in "Elektra" hat sie gleich alle drei Hauptpartien im Laufe ihrer Karriere verkörpert: die Chrysothemis, die Klytämnestra und - allerdings nur für ein Filmprojekt von Götz Friedrich unter Karl Böhm - auch die Titelrolle.

Kurz vor ihrem Tod hat ihr ihre Heimatstadt Wien noch ein wichtiges Ehrenamt anvertraut: Präsidentin der Wiener Festwochen. Internationaler Glanz sollte dadurch auf diese Institution fallen, doch dazu bot sich kaum noch Gelegenheit. Am 7. März 1998 - keine zwei Jahre nach ihrem Rückzug - ist Leonie Rysanek gestorben, für die meisten völlig unerwartet, die von ihrer schweren Krebserkrankung nichts gewusst hatten.

Hör-Tipp
Apropos Oper, Dienstag, 14. November 2006, 15:06 Uhr

Link
wikipedia - Leonie Rysanek