Energieerzeugung mit Biomasse

Umwelt und Energiewachstum

Benzin aus Rüben, Strom aus Holzresten, Biogas aus Speiseresten, Mais oder Gülle - Konzepte, wie man ohne Erdöl Energie erzeugen kann. Wie realistisch eine Umstellung auf Biomasse ist, wurde Dienstagabend im Funkhaus in Wien diskutiert.

Momentan deckt Biomasse nur 10 Prozent des österreichischen Energiebedarfs ab. Das ist im internationalen Vergleich viel, allerdings wenig, wenn damit die Klimakatastrophe verhindert werden soll.

Und die könnte unter Umständen sehr teuer kommen, wie der ehemalige Chefökonom der Weltbank, Nicholas Stern, jüngst in einem Report für die britische Regierung beziffert hat: Tun wir nichts, um weniger Treibhausgase aus Verkehr, Industrie und Hausbrand in die Atmosphäre abzugeben, könnten uns die Folgen der Erderwärmung bis 2100 rund 20 Prozent der Weltwirtschaftsleistung kosten - eine ökonomische Katastrophe.

Sofortige Gegenmaßnahmen - eben die Reduktion von Treibhausgasen - sind vergleichsweise billig. Sie schlagen nur mit ein Prozent der Wirtschaftsleistung pro Jahr zu Buche.

Vorgaben können nicht erreicht werden

Seit dem Gas-Schock des letzten Jahres hat auch die EU die Notwendigkeit einer europäischen Energiepolitik entdeckt. Schon 1997 wurde beschlossen, den Anteil der erneuerbaren Energien bis 2010 auf zwölf Prozent zu steigern. Mittlerweile glauben nicht einmal mehr Optimisten, dass dieses Ziel erreicht wird. Vielmehr rechnet man mit einem Ergebnis von etwa acht Prozent.

Also hat die EU schnell ein neues Ziel erfunden: den Biomasse-Anteil bis 2010 von derzeit insgesamt vier Prozent in Europa zu verdoppeln. Biomasse ist klimaneutral. Holz, Gras oder Energiekorn nehmen während des Wachstums jenes CO2 auf, das sie bei der Verbrennung wieder abgeben. Sie emittieren damit kein zusätzliches Treibhausgas, das zur Erderwärmung beiträgt.

Österreichs Biomasse-Aktionsplan

Österreich hat als eines der ersten Länder versucht, die EU-Richtlinie durch einen eigenen Biomasse-Aktionsplan in die Tat umzusetzen. In einer Potential-Analyse sieht die Österreichische Energieagentur folgende Ziele als realistisch an:

  • Die Produktion von Biokraftstoffen könnte bis 2010 auf das 30fache gesteigert werden.
  • Die Wärmeerzeugung aus Biomasse in Zentralheizungen oder Biomasse-Heizwerken könne um 50 Prozent steigen.
  • Die Ökostromerzeugung aus Biomasse könnte auf das 7fache erhöht werden.
Derzeit wird der Großteil der in Österreich zur Energieerzeugung verwendeten Biomasse zum Heizen genutzt - in Form von Pellets, Hackschnitzeln oder Holzscheiten. Jüngst sind einige Kraftwerke dazugekommen: In Simmering ging beispielsweise vor kurzem eine Anlage in Betrieb, die 48.000 Haushalte mit Strom und 12.000 mit Wärme versorgt. Die CO2-Einsparung durch die Verwendung von Biomasse: 144.000 Tonnen pro Jahr.

Großer Bedarf an Energiepflanzen

Allein 2005 brauchten neue Öfen und Biomasse-Kraftwerke fast eine Million Festmeter Holz mehr als im Jahr davor. Für 2005 rechnet man mit einem zusätzlichen Bedarf von bis zu 5,8 Millionen Festmetern im Vergleich zu 2004.

Warnrufen, Holz könnte knapp werden, steht entgegen, dass der österreichische Wald ständig zunimmt. Rund vier Millionen Festmeter pro Jahr bleiben ungenutzt. Sie wachsen in Kleinwäldern, die nicht sehr intensiv bewirtschaftet werden.

Privatverbraucher spüren den neuen Biomasse-Boom vor allem durch die bei Pellets und Brennholz stark gestiegenen Preise. Mittelfristig wird die Nachfrage nicht zu decken sein, wenn sich nicht auch die Landwirtschaft umstellt und auf dem Acker in großem Maßstab Energiepflanzen anbaut.

Erste Erfahrung mit Biomasse

In Deutschland hat das Bundesamt für Naturschutz bereits erste - nicht nur positive - Erfahrungen mit dem Biomasse-Boom gemacht. Dort haben sich Landwirte vor allem auf den intensiven Anbau von Raps und Mais konzentriert.

Die Folge: Monokulturen, die mehr Dünger und mehr Pflanzenschutzmittel benötigen, während Schädlinge gleichzeitig zu erheblichen Ernteausfällen führen.

Der Präsident des Bundesamtes für Naturschutz, Hartmut Vogtmann schließt daraus: Biomasse muss nicht nur nachhaltig angebaut werden. Es sei auch ein fundamentales Umdenken der Landwirte nötig, da man bisher Biomasse ja eher vermeiden wollte, etwa, indem man Stroh mit kurzen Halmen anbaute.

Ein ehrgeiziges Ziel

Österreich nutzt derzeit gerade einmal 50.000 Hektar landwirtschaftliche Fläche - ohne Forst - für die Energieerzeugung. In den nächsten Jahrzehnten könnten es bis zu einer Million Hektar werden - das entspricht fast einem Drittel unserer Wiesen und Äcker.

Das Ziel, den Energie-Ertrag aus Biomasse bis 2010 zu verdoppeln, ist mehr als ambitioniert. Das meint der Volkswirtschafter Markus Hofrichter von der Universität für Bodenkultur. Innerhalb so kurzer Zeit werde die Nachfrage natürlich zu einem Preis-Anstieg als auch bei Nahrungsmitteln führen. Die Anbauflächen stünden dann ja in Konkurrenz zueinander.

Die Vorteile des Biomasse-Trends würden aber überwiegen: Die große Stärke der Biomasse liegt nach Meinung von Hofrichter darin, dass die Wertschöpfung in der Region bleibt und eine kleinräumige, dezentrale Versorgung möglich wird. Was die Macht der großen europäischen Energiekonzerne etwas schmälern würde.

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