Ökologisch umstrittene touristische Megaprojekte

Baustelle Adria

Die Meeresküste Sloweniens ist etwa 49 Kilometer lang. Diese Länge reicht, um als maritimes Land zu gelten - als Land, dessen schöne Küstenorte ein Begriff im mediterranen Tourismusangebot sind. Was in diesem Angebot aber fehlt, sind Inseln; aber die sollen folgen.

Megaprojekte werden in letzter Zeit offenbar immer moderner. Um den Tourismus weiter anzukurbeln, will Slowenien eine künstliche Insel bauen. Der Grund: Das Land hat zwar an der Küste schöne Orte und Städte, die im Tourismusangebot ein Begriff sind. Was aber fehlt, sind Inseln. Auch Kroatien und Bosnien-Herzegovina planen künftig Großprojekte, um in der Tourismusbranche aufzuholen.

Geologische Spiele

Geophysische Entwicklungen wollten es so. Die nördliche Adria-Küste blieb ohne Inseln, und das, obwohl das Adria-Meer anno dazumal weit nach Norden bis ins heutige Festland reichte. Erst nach und nach setzten die Alpenflüsse Schlamm und Boden ab und haben die Küste der Bucht von Triest in die jetzige Form gebracht. Allerdings blieb die Küste Sloweniens dabei im Gegensatz zur kroatischen Adria, wo sich unter den tektonischzen Bewegungen Tausende von Inseln bildeten, inselfrei.

Künstliche Paradiese

Kann sein, dass Marjan Hribar, der Direktor des Sekretariats für Tourismus im slowenischen Wirtschaftsministerium, unter dem Einfluss des finanziellen Erfolgs von drei künstlichen Inselgruppen in Dubai angezogen wurde, kann aber auch sein, dass er vom touristischen Boom der kroatischen Inseln auf die Idee kam, so etwas Ähnliches auch für Slowenien zu schaffen.

Fakt ist jedenfalls: Sein Insel-Projekt soll trotz zahlreicher Unkenrufe seitens der Umweltschützer vor der Stadt Izola gebaut werden. Die Kosten: 100 Millionen Euro. Finanziert werden soll dieses Projekt mit 30 Millionen Euro von staatlichen, regionalen und Gemeinde-Fonds und mit 60 Millionen Euro aus europäischen Mitteln. Der Rest von zehn Millionen Euro soll von privaten Investoren kommen, berichtete das öffentliche slowenische RTV SLO vor einigen Wochen.

Im Unterschied zu den Dubai-Inseln, die eine Palmenform haben, soll die geplante Inselgruppe in der slowenischen Adria die Form eines Delphins annehmen. Ihre vorgesehene Größe wird mit 30.000 Quadratmetern angegeben, ihre Höhe mit drei Metern. Nach Angaben des Radio- und TV-Senders soll die Insel bis 2023 fertiggestellt sein.

Licht und Schatten

Die Vorteile, die ein solches Projekt mit sich bringt, sind nicht von der Hand zu weisen: So würden nicht nur viele neue Arbeitsplätze geschaffen, sondern auch dem slowenischen Tourismus Auftrieb verliehen, wird in dem Bericht betont.

Umweltexperten kritisieren das Projekt auf das Allerschärfste. Die ganze Adria müsse wegen ihrer Lage als ökologisch schwer bedrohtes Gebiet betrachtet werden, wird argumentiert. Ihre Schönheit könne man aus ihren kleineren Orten und Städchen herleiten. Jeder ökologisch nicht überprüfte Eingriff in ihrer Umgebung würde ihre natürliche Einzigartigkeit beeinträchtigen.

Der kroatische Traum

Ist - zwar mit großer Mühe - so ein Projekt in einem Land, wo es keine Inseln gibt, eventuell noch zu verstehen, wird es zunehmend unverständlicher, wenn ähnliche die Natur schädigende Projekte auch in Kroatien angedacht sind.

Vor etwa einem Jahr ist dort nämlich unter dem Titel "Wir werden eine Stadt für 100.000 Einwohner bauen“ ein Projekt aufgetaucht, in dem ein Visionär auf einer wunderschönen Insel neben Split eine Stadt mit 50 Hightech-Wolkenkratzern vorgestellt hat. Dieses Projekt hat auch einen symptomatischen Namen: "Der kroatische Traum“. In diesem Traum sollte alles verwirklicht werden, was einen modernen Mensch glücklich macht: Shoppingzentren, Stadien, ein Megajachthafen, Golfplätze, Vergnügungsparks, ein zoologischer Garten etc.

Der Ideengeber dieses Traumes, ein 28-jähriger Geschäftsmann aus Split, ist jedenfalls begeistert. "Ganz Kroatien muss sich hinter eine solch geniale Idee stellen“, meint der Träumer. Er betont dabei auch, dass er dafür vom Staat kein Geld bräuchte. Es würde genügen, wenn Kroatien seine Idee als Projekt von nationalem Interesse definiere. Seine einzige Bedingung: die Projektleitung als Generaldirektor. Seine private Firma würde dabei auch zahlreiche Arbeitsplätze schaffen. Bei einem solch großen Projekt könne es zu keinem Interessenskonflikt kommen. Alle würden davon profitieren, unterstreicht der gute Mann enthusiastisch.

Weitere Megaprojekte bei den Nachbarn

Auch in der Öffentlichkeit scheint es so, dass die Mehrheit der Bewohner - abgesehen von vereinzelten Protesten und Kommentaren - mehr an die versprochene Prosperität glaubt, als dass sie ökologische Zweifel hätte. Megaprojekte haben offenbar eine große Anziehungskraft, und das nicht nur in Slowenien und Kroatien, wie im letzten Beispiel ersichtlich.

Kroatische Medien berichten nämlich jüngst, dass in Ivanica, einem Grenzort in Bosnien-Herzegowina, kaum zehn Kilometer von Dubrovnik entfernt, ebenso Vorbereitungen für die Entstehung einer großen touristischen Stadt begonnen haben. Dieses Projekt umfasst auf einer Fläche von 45.000 Quadratmetern den Bau von Hotels, Golfplätzen (mit je 36 Löchern!), Shoppingzentren, Banken, Souvenirgeschäften, Restaurants, Kaffees und und und.

Jene Gigantenstadt - als "Projekt der Zukunft" benannt - soll 440 Millionen Euro verschlingen. Wenn es nach dem Willen der bosnischen Visionäre geht, soll das erste Hotel bis zum nächsten Sommer fertiggestellt sein.