Star-Sopranistin mit 40-jähriger Karriere

"La Stupenda" Joan Sutherland wird 80

Ihre außergewöhnliche Karriere dauerte rund 40 Jahre: Dame Joan Sutherland, die in Kürze ihren 80. Geburtstag feiert. Ihren Bühnen-Abschied nahm die Koloratursopranistin 1990 in Sydney. Ihr Name steht neben jenem der Callas für die Belcanto-Renaissance.

Als sie in den 1950er Jahren am Beginn ihrer Karriere stand, konnte niemand ahnen, dass die Belcanto-Renaissance später nicht nur mit dem Namen Maria Callas, sondern auch mit ihrem untrennbar verbunden sein würde: Dame Joan Sutherland, die am Dienstag, den 7. November 2006, ihren 80. Geburtstag feiert.

Und zumindest bis vor fünf Jahren konnte sie das Singen und Summen nicht lassen. Auf die Frage, ob man die Stimme der weltberühmten, aus Sidney stammenden Koloratursopranistin noch hören könne, sagte ihre Agentin damals: "In ihrem Haus schon". Das Hauptdomizil des australischen Opernstars liegt in den Bergen hoch über dem Genfer See. Aber auch in ihrer Geburtsstadt Sydney ist sie im Familienkreis zu Hause.

Bühnen-Abschied 1990 in Sydney ...

Sutherland, die von ihren Verehrern "La Stupenda" (Die Fabelhafte) genannt wird, hatte sich 1990 vor einem weltweiten Publikum in Sydney mit der Hauptrolle in der Meyerbeer-Oper "Die Hugenotten" aus ihrer fast 40-jährigen Opernkarriere verabschiedet.

Seitdem begleitet sie ihren Mann, den Pianisten und Dirigenten Richard Bonynge, zu seinen weltweiten Auftritten. Als Preisrichterin bei Gesangwettbewerben bleibt Sutherland international gefragt. Stricken ist ihr Hobby.

... und in London 1991 mit "Fledermaus"

Nach ihrem Abschiedsabend in Sydney verabschiedete sich der australische Opern-Star am Silvesterabend 1991 auch vom Publikum der königlichen Londoner Oper. Sie trat damals im Rahmen der traditionellen "Überraschungsgäste" in der Festszene des 2. Aktes der "Fledermaus" auf.

Die damals 64-jährige Sopranistin sang zusammen mit Luciano Pavarotti das Duett "Parigi o cara" aus "La Traviata" und mit Marilyn Horne ein Duett aus Rossinis "Serimamide". Dirigiert wurde die Aufführung von Sutherland-Ehemann Richard Bonynge.

Hauptverdienst: Wiederentdeckung der Belcanto-Oper

Ihr Hauptverdienst bleibt nach Ansicht der Kritiker die Wiederentdeckung der italienischen Belcanto-Opern des 18. und 19. Jahrhunderts von Donizetti, Rossini und Bellini, denen sie auf Rat ihres Mannes besondere Aufmerksamkeit schenkte.

Aber auch ihre lyrischen Interpretationen zahlreicher Verdi-Opern - insbesondere in der Titelpartie von "La Traviata" - begründeten ihren Ruhm.

Rivalin Callas erkannte Sutherlands Talent

Ihre große Rivalin Maria Callas erkannte früh das Talent der Australierin. Als die Callas 1959 in Londons Covent Garden die Proben zu Donizettis Oper "Lucia di Lammermoor" unter Regisseur Franco Zeffirelli sah, murmelte sie zu einem Begleiter: "Das ist nicht gut." Auf die erstaunte Rückfrage, was es denn auszusetzen gäbe, sagte die Diva: "Das ist zu gut."

1952 mit "Lucia" zum Welt-Star

Sutherland, die bis zu ihrem 20. Lebensjahr Klavier- und Gesangstunden bei ihrer Mutter, einer Mezzosopranistin, nahm, der Vater hatte eine Schneiderei, gab ihr Bühnendebüt im Juni 1951 am Konservatorium von Sydney. Nachdem sie in Australien einige Preise für Nachwuchs-Sängerinnen gewonnen hatte, wagte sie den Sprung nach London. Davor hatte sie eine Ausbildung als Sekretärin abgeschlossen, da sie sich zu Beginn nicht sicher war, ob sie einmal von ihrer Kunst würde leben können.

Ein Jahr später erhielt sie ein Engagement am Londoner Opernhaus Covent Garden, wo sie in der Titelpartie von Donizettis "Lucia di Lammermoor" über Nacht zum Weltstar aufstieg und als eine der größten Koloratur-Sopranistinnen gefeiert wurde. 1954 heiratete sie ihren Landsmann Richard Bonynge, der fast alle ihrer Opernaufführungen dirigierte und sie in Teamarbeit unterstützte und förderte.

Pavarotti: "Stimme dieses Jahrhunderts"

In England überwand Sutherland mit Hilfe des Schauspiellehrers Norman Ayrton vor allem ein psychisches Problem: ihre Größe, die sie auf die meisten Tenöre hinabblicken ließ. In der Schule hatte sie im Märchen meist den Riesen spielen müssen. Selbst auf der Höhe ihrer Kunst galt sie nicht gerade als begnadete Schauspielerin, aber ihre außergewöhnliche Stimme ließ die Kritiker meist darüber hinwegsehen.

Ihr häufiger Partner Luciano Pavarotti sagte einmal über Sutherland: "Sie ist ohne Zweifel die Stimme dieses Jahrhunderts." Pavarotti, der ihrem Drängen 1965 sein Debüt in den USA zu verdanken hatte, beschrieb ihr Verhältnis als das von Bruder und Schwester.

1979 von Elizabeth II. zur Dame geadelt

Im Jahr 1979 wurde Joan Sutherland von Königin Elizabeth II. geadelt und zur "Dame" ernannt, dem weiblichen Pendant des "Sir."

In Covent Garden verabschiedete sie sich mit dem alten Volkslied "Home Sweet Home". Auf die Frage, warum sie gerade dieses Stück gewählt habe, antwortete Sutherland trocken: "Weil es leicht zu singen ist."

Hör-Tipp
Apropos Oper, Donnerstag, 2. November 2006, 15:06 Uhr

Links
Wikipedia - Joan Sutherland
Luciano Pavarotti
Maria Callas
Royal Opera House Covent Garden
Sydney Opera House
Wiener Staatsoper