Lehrjahre an der Grazer Oper
Symphoniker-Chedirigent Fabio Luisi
Eigentlich wollte er Lokführer werden, wie sein Vater: Fabio Luisi, Chefdirigent der Wiener Symphoniker und ab 2007 Chef der Dresdner Semperoper. Seine Lehrjahre hatte der gefragte Genuese, der zurzeit mit den Symphonikern in Japan gastiert, in Graz.
8. April 2017, 21:58
Sein Traumberuf war zunächst Lokomotivführer, da sein Vater diesen Beruf ausübte: Maestro Fabio Luisi. Aber zum Glück wurde daraus nichts. Und schon mit drei Jahren hatte er seinen ersten Klavierunterricht: "Ich erhielt Klavierunterricht bei der stellvertretenden Konzertmeisterin der Oper von Genua. Nach jeder Stunde erhielt ich Schokolade und wenn ich ein Musikheft fertig hatte, erhielt ich ein Matchbox-Auto. Das hat meine Motivation zu üben exponentiell erhöht."
Das Schlüsselerlebnis Musik zum Beruf zu wählen, war ein Probenbesuch in der Oper mit Joan Sutherland, zu dem ihn seine Klavierlehrerin mitnahm: "Da ging es drunter und drüber, das hat mir gefallen. Das ist es, was mich an der Produktion eines Stückes so fasziniert. Diese enormen Schwierigkeiten, die es während der Proben gibt, und wie sich dann trotzdem mit der Zeit mit viel Liebe oder auch mit schlimmsten Anfällen am Ende alles zusammen fügt und es zu einer Aufführung kommt", erinnert sich der Maestro.
Leitsatz "Man muss als Dirigent etwas wollen"
Luisis späterer Lehrer Milan Horvath hat Fabio Luisi einen Satz mitgegeben: "Man muss als Dirigent etwas wollen". Bedeutet dies, dass man in der Oper mehr Kompromisse machen muss, wenn ein Sänger etwas anderes will als man selber?
"Das gehört zum Wollen dazu, denn es muss klar sein, wie schwer es ist, als Sänger auf der Bühne zu stehen. Ich könnte mir das nicht vorstellen, meine schlimmsten Albträume wären, auf der Bühne zu stehen und ich kenne keine Note! Da muss man sich hinein versetzten in diese armen Menschen. Die das ganze Leben studiert haben, ihre Stimme zu entwickeln, dann müssen sie Rollen entwickeln und stundenlang auf der Bühne singen - vor einem Publikum von zweitausend Leuten, die alle aufmerksam zuhören. Das ist ein Albtraum, das ist schrecklich! Deswegen sind die Sänger für jede Hilfe, die sie erhalten können, glücklich. Deshalb ist es die Aufgabe des Teams, diese Hilfe auch zu geben. Und dazu gehört auch der Dirigent. Natürlich ist er nicht nur Hilfe für die Sänger, sondern auch eine Leitfigur, um zu zeigen, wohin das Konzept für eine Einstudierung geht", so Luisi.
Wichtige Lehrjahre in Graz
Fabio Luisi erlernte das Handwerk in Graz, wo er zwischen 1984 und 1987 Korrepetitor, Studienleiter und Kapellmeister war.
"Ich könnte nicht Oper dirigieren, wenn ich diese Lehrjahre an der Grazer Oper nicht gemacht hätte. Dies war für mich von absoluter Bedeutung, schon auch wegen des Kennenlernens des Prozesses, der hinter einer Produktion steht. Das ist etwas, was man nicht aus Büchern oder an der Hochschule lernen kann", stellt der Maestro fest.
1989 nach München und an der Staatsoper
Wolfgang Sawallisch holte Fabio Luisi 1989 an die Münchner Oper, wo er seither ständiger Gastdirigent ist.
Im gleichen Jahr dirigierte er erstmals an der Wiener Staatsoper "Tosca". Seither leitete er 25 verschiedene Produktionen in Wien, davon bisher sechs Premieren.
Die Suche nach Wahrheit
Interpretation ist die Suche nach Wahrheit, sagt Fabio Luisi: "Die Überprüfbarkeit der Wahrheit liegt zuerst in den Noten, denn das können wir sehen, wie es auf dem Papier steht. Was dahinter gemeint sein könnte, ist das, was wir suchen müssen. Nur die Noten zu spielen ist zu wenig, nur das andere ist auch falsch, denn das gäbe uns zu viel Freiheit und diese verdienen wir nicht!"
Wiener "Zauberflöte", Antritt in Dresden
Neben seiner Funktion als Chefdirigent der Wiener Symphoniker dirigierte Fabio Luisi kürzlich auch im Theater an der Wien Mozarts "Zauberflöte" und tritt 2007 die Stelle als Generalmusikdirektor der Dresdner Staatsoper an.
"Mein 'Antrittsdirigat' in Dresden fand im vergangenen Juni statt und im September kam der 'Ring'. Das ist etwas Besonderes, schon auf Grund der Proportionen. Man hat Angst, wie man die Spannung und den Bogen durchhält. Das ist schon ein Kraftakt. Allein physisch, wenn man bedenkt, dass der erste Akt 'Götterdämmerung' fast so lange dauert, wie das gesamte 'Rheingold'. Und dann kommen aber noch weitere zwei Akte. Aber, am Ende der 'Götterdämmerung', wenn die letzte Note verklungen ist, macht das Ganze einen Sinn. Und man kann diesen Sinn nur erkennen, wenn man das Ganze dirigiert hat. Und, so komisch das klingen mag - es gibt im 'Ring' keine Note zu viel. Und es sind wirklich viele Noten!"; so Fabio Luisi.
Hör-Tipp
Opernwerkstatt, Sonntag, 5. November 2006, 15:06 Uhr
Links
Wiener Symphoniker
Freunde der Wiener Staatsoper
Grazer Oper
Sächsische Staatsoper Dresden
tv.ORF.at
Wiener Staatsoper