Hermanus, die "Welthauptstadt der Wale"
Wale bringen Geld
An der Südspitze Afrikas liegt der einzige Ort der Erde, wo man vom Festland aus Wale beobachten kann: Hermanus. Die "Welthauptstadt der Wale" feiert jedes Jahr ein Walfestival, beschäftigt einen Walrufer und kam durch Zakes Mda zu literarischen Ehren.
8. April 2017, 21:58
Jahrhundertelang war die Südspitze Afrikas von den Khoisan bewohnt, die von dem lebten, was das Meer und das Land ihnen in reicher Fülle schenkte. Sie bauten keine Häuser, sondern lebten in Höhlen, deshalb kommen sie in der offiziellen Geschichte von Hermanus auch nicht vor. Die beginnt nämlich exakt im Jahr 1855.
In diesem Jahr beschloss ein frustrierter Lehrer namens Hermanus Pieters, der seinen Beruf satt und auf Hirte umgesattelt hatte, sesshaft zu werden. Er baute sich neben einer Quelle, die er frohgemut Hermanuspietersfontein, Quelle des Hermanus Pieters, nannte, eine Hütte. Lange blieb er nicht alleine, denn auch einige Fischer fanden dieses Fleckchen Erde wunderschön und siedelten sich an der sehr sympathischen, weil sturmsicheren Bucht an, dem Alten Hafen, der heute ein Freilichtmuseum geworden ist.
Das Fischerdorf wird Ferienort
Die Siedlung wuchs - 1891 wurde Hermanuspieterfontein offiziell zur Stadt -, die Infrastruktur auch, vor allem die touristische Infrastruktur. Man hatte bald alles, was zu einem kleinen Städtchen gehörte. Nur keinen Bahnhof. Alle Anstrengungen, Anschluss an die South African Railway zu kriegen, scheiterten, weil der General Manager der South African Railways, Sir William Hoy, die Stille und Einsamkeit seines Feriendomizils unbedingt erhalten wollte.
1902, in dem Jahr, in dem das erste Hotel errichtet wurde, erhielt das gar nicht mehr verschlafene Fischernest, das sich langsam zum Feriennest wandelte, seinen heutigen Namen: Angeblich hat sich ein Postbediensteter genervt geweigert, Hermanuspietersfontein zu schreiben und zu sagen, und Hermanus eingeführt. Dabei blieb es.
Der Rufer bläst das Horn
Heute kann sich Hermanus vor Touristen kaum retten. Hobbyfischer nützen die reichen Fischgründe an der Grenze von Atlantischem und Indischen Ozean. Von Ende Mai bis Anfang November haben allerdings die Walfreunde das Sagen - immerhin kann man sonst nirgends auf der Erde Wale bequem vom Festland aus beobachten. Damit die Waltouristen auch immer informiert sind, wo sich die Tiere gerade aufhalten, hat Hermanus einen Walrufer. Mit Hilfe seines Hornes aus Kelb-Algen gibt er in einer Art Morsesignalsprache den jüngsten Walsichtungsort bekannt.
Zakes Mda findet, dass diese Tätigkeit eigentlich eher "Touristenrufen" heißen sollte, und nicht Walrufen. Deshalb hat er in seinem jüngsten Roman "Der Walrufer", der in Hermanus spielt, einen echten Walrufer etabliert, der ganz anders als der andere, der Walschreier, wirklich mit den Walen kommuniziert und sie zum Tanzen bringt. "Für mich ist ein Ort nicht bloß Hintergrund für die Aktionen meiner Personen", sagte er in einem Interview. "In Wahrheit erschafft die Magie des Ortes, die Geschichte, die Gegebenheiten, meine Figuren. Denn nur dort, in diesem Kontext konnten sie zu dem werden, als was ich sie schildere."
Hör-Tipp
Terra incognita , Donnerstag, 19. Oktober 2006, 11:40 Uhr
Buch-Tipp
Zakes Mda, "Der Walrufer", Unionsverlag, ISBN 3293003648
Links
Rauschenbach - Fotos aus Hermanus
Rebecca Weber - Interview mit Zakes Mda
Hermanus
Zakes Mda