Zum 60. Geburtstag der Nobelpreisträgerin

"Triebtäterin" Elfriede Jelinek

Zwischen feministischer Militanz und höhnischem Pessimismus war Elfriede Jelinek stets eine Polarisierungskünstlerin, die hitzige Reaktionen hervorgerufen hat. Am 20. Oktober feiert die Literatur-Nobelpreisträgerin nun ihren 60. Geburtstag.

Ihre "ungemein leistungsbezogene" Mutter habe sie zum Wunderkind "dressieren" wollen, erklärte Elfriede Jelinek einmal. Im Alter von vier Jahren lernte sie daher schon lesen und mit sieben Jahren begann sie zu musizieren. Sie lernte Bratsche, Geige, Flöte, Gitarre und Klavier. "Während meine Schulkolleginnen miteinander auf ein Eis gegangen sind, bin ich mit Instrumenten bepackt durch Wien gezogen", was die kleine Elfriede überhaupt nicht mochte.

Nach der Matura, die sie an einer Klosterschule ablegte, studierte sie am Wiener Konservatorium Klavier und Komposition - entgegen ihrem eigenen Wunsch, Medizin zu studieren. Daneben belegte sie auch Sprachen, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte.

Kritik an der Männer- und Klassengesellschaft

Noch als Studentin veröffentlichte Elfriede Jelinek 1967 ihren ersten Gedichtband "Lisas Schatten". Sowohl ihr Romandebüt "wir sind lockvögel baby!" (1970) als auch die Romane "Die Ausgesperrten" (1980) und "Die Klavierspielerin" (1983) begeisterten die Kritiker, stießen jedoch in gleichem Maße auf heftigen Widerstand.

In ihrer literarischen Arbeit übt Jelinek immer wieder scharfe Kritik an der Männer- und Klassengesellschaft und setzt sich kritisch mit den Themen Sexualität, Gewalt und Macht auseinander. Aufsehen, Neugier und Widerspruch erregte besonders der Roman "Lust" (1989). Als ihr "Opus magnum" bezeichnet sie selbst "Die Kinder der Toten" (1995). Im Jahr 2000 erschien "Gier", ein vieldeutiger Kriminalroman aus der österreichischen Provinz.

Das Spannende am Schreiben

Schreiben ist für Jelinek "kein Wollen, sondern ein Müssen", bekannte sie einmal in einem APA-Interview. "Ich bin eine Triebtäterin. Es gibt sicher planerische Autoren, die etwas recherchieren und dann schreiben. Bei mir ist es so, dass ich gar nicht so viel planen darf, damit die Sprache dann mich übernimmt, statt dass ich sie beherrsche. Das ist auch das Spannende am Schreiben."

Als ihr 2004 der Literatur-Nobelpreis zuerkannt wurde, meinte sie in einem Ö1 Interview mit Günter Kaindlstorfer auf die Frage, ob der Nobelpreis für sie eine Ermutigung beim Schreiben sei: "In meinem Alter muss man nicht mehr ermutigt werden, weil ich immer das geschrieben habe, was ich wollte, und auch nicht daran gedacht habe, für wen ich das mache. Es ist eher eine finanzielle Beruhigung."

Mehr zu Elfriede Jelinek in oe1.ORF.at, fm4.ORF.at und science.ORF.at

Hör-Tipps
Patina, Sonntag, 22. Oktober 2006, 9:05 Uhr, Elfriede Jelinek liest aus eigenen Texten

Hörspiel-Studio, Dienstag, 24. Oktober 2006, 20:31 Uhr

Mehr dazu in Ö1 Programm

Österreich 1 extra, Donnerstag, 26. Oktober 2006, 22:05 Uhr, Elfriede Jelinek und die Musik

Buch-Tipps
Verena Mayer, Roland Koberg, "Elfriede Jelinek. Ein Porträt", Rowohlt Verlag, ISBN 3498035290

Elfriede Jelinek, "Gier. Ein Unterhaltungsroman", Rowohlt Verlag, ISBN 349923131X

Elfriede Jelinek, "In den Alpen. Drei Dramen", Berlin Verlag, ISBN 3827004578

Elfriede Jelinek, "Der Tod und das Mädchen I - V. Prinzessinnendramen", Berlin Verlag, ISBN 383330233X

CD-Tipps
"Elfriede Jelinek - ein Portrait", 2 CDs, ORF 2009548, erhältlich im ORF Shop

"Elfriede Jelinek kocht Kaffee", 1 CD, ORF 2009611, erhältlich im ORF Shop

Veranstaltungs-Tipps
Elfriede Jelinek, "Das Werk", seit 10. Oktober 2006, Akademietheater,
Ö1 Club-Mitglieder erhalten ermäßigten Eintritt (10 Prozent).

Elfriede Jelinek, "Bambiland", Schlosstheater Schönbrunn, ab 18. Oktober 2006

Elfriede Jelinek, "Ulrike Maria Stuart", Premiere am Samstag, 28. Oktober 2006, Thalia Theater, Hamburg

"It's a gift", Viennale-Special zusammengestellt von Elfriede Jelinek, 20. Oktober 2006,
Ö1 Club-Mitglieder erhalten ermäßigten Eintritt (10 Prozent).

Mehr zur Viennale in oesterreich.ORF.at

Symposion "Elfriede Jelinek: 'Ich will kein Theater' - Mediale Überschreitungen", Freitag, 20. Oktober bis Donnerstag, 26. Oktober 2006, Elfriede Jelinek Forschungszentrum Wien

Links
Elfriede Jelinek
Akademietheater
Schlosstheater Schönbrunn
Viennale
Elfriede Jelinek Forschungszentrum
Thalia Theater