Von St. Pölten nach New York
Rarer Auftritt von Michael Mantler
Michael Mantler zog aus St. Pölten aus, um in den USA eine Weltkarriere als Jazz-Musiker und Komponist zu machen. Zuletzt spielte er kaum mehr Trompete. Nun ist er drei Mal im Porgy & Bess zu hören. Zu hören ist ein Querschnitt durch sein Schaffen.
8. April 2017, 21:58
Michael Mantler über sein Selbstverständnis als Komponist
Mit neunzehn Jahren zog es Michael Mantler von St. Pölten nach New York. In den USA spielte der 1943 in Wien geborenen Trompeter bald an der Seite von Free-Jazz-Ikone Cecil Taylor und gründete ein eigenes, sehr erfolgreiches Label. Heute lebt Mantler in Kopenhagen und spielt selbst kaum noch Trompete. Ab Dienstag, 19. September, spielt Mantler drei Abende im Porgy & Bess.
Seine Reise von St. Pölten nach New York bedeutete auch stilistisch eine Reise vom Swing zum Free Jazz. "Ich kann mich erinnern, ich hatte hier noch, bevor ich ging, die ersten Platten von Ornete Coleman, Cecil Taylor und Carla Bley gehört", erinnerte sich Mantler in "Treffpunkt Kultur". Diese Musik faszinierte mich und das wollte ich tun und Österreich war nicht der Platz, das zu tun, zu der Zeit. Wo die Dinge vor sich gingen, das war New York."
Ein Meilenstein im Jazz
Mantler gründete das Jazz Composers Orchestra. Das legendäre silberne Doppelalbum "The Jazz Composer's Orchestra", auf dem sich 1968 in einem von Mantler arrangierten und dirigierten Setting Kaliber wie Cecil Taylor, Don Cherry oder Pharoah Sanders austoben, gilt heute als Meilenstein im Jazz. "Es ging damals um die Musik und es waren damals nur wenige Leute, die diese Musik produzierten" - weit wem vom heutigen Cliquen-Wesen, so Mantler.
1972 etablierte er mit dem New Music Distribution Service eine Gesellschaft, die viele unabhängige Plattenlabels während der kommenden 20 Jahre unterstützte. Mit der Pianistin und Komponistin Carla Bley gründete er Anfang der 70er Jahre das Label Watt, auf dem in den Jahren danach reihenweise zum Teil bahn brechende Alben erscheinen sollten.
Es folgten weltweite Tourneen und zahlreiche Plattenaufnahmen u.a. mit der Carla Bley Band und mit eigenen Gruppen, Auftragsarbeiten und Aufführungen von und mit Europäischen Orchestern.
Rückkehr nach Europa
1991 trennen sich beruflich wie privat die Wege der beiden und Mantler kehr nach Europa zurück: "Wir waren beide Komponisten und nicht nur improvisierten und spielten. Wir gingen auch selbst in verschiedene Richtungen", meint Mantler heute. 1993 gründete er das Ensemble "Chamber Music and Songs".
In Europa trat eine kompositorische Wandlung ein. Die Stimme trat bei seinen Werken immer mehr in den Vordergrund. Improvisation findet nur mehr am Rande statt. Zur Trompete griff er nur mehr selten. Er vertonte Texte von Becket und Paul Auster und setzte auf Sozialkritik.
Kontrolle statt Freiheiten
"Es ist für mich wichtiger zu kontrollieren, was vor sich geht. Es gibt schon noch gewisse Freiheiten, aber nur in einem sehr engen Rahmen", erklärte Mantler in einem Interview mit dem "Falter".
In Wien präsentiert Mantler einen Querschnitt seiner Kompositionen der letzten 30 Jahre.
Weltoffener Kosmopolit
Im Jahr 2004 erhielt Mantler den Hans-Koller-Preis und den Österreichischen Staatspreis für improvisierte Musik. Mathias Rüegg, Leiter des Vienna Art Orchestra, würdigte Mantler in seiner Laudatio als einen "weltoffenen, nie raunzenden und sozial eingestellten Kosmopoliten, der nach über 40 Jahren noch immer ein akzentfreies Deutsch spricht", dessen "musikalische Grundaussage sich trotz vieler stilistischer Neuorientierungen nie wesentlich geändert hat: sie bleibt düster - melancholisch und ist in Wahrheit zutiefst wienerisch."
CD-Tipp
Michael Mantler, "Hide And Seek", A Suite of Songs and Interludes for 2 Voices and Chamber Orchestra, Text von Paul Auster, mit Robert Wyatt und Susi Hyldgaard, ECM 1738
Links
Falter - Mäikl is bäck
Michael Mantler
Hans Koller Preis
Porgy & Bess