Schreibende Frauen

8. April 2017, 21:58

1984 gründete Urvashi Butalia gemeinsam mit Ritu Menon den ersten indischen Frauenverlag "Kali for Women". Nur Narren würden so etwas machen, hieß es damals. Skepsis und Zweifel waren groß. Können Frauen ein Unternehmen führen? Lesen Frauen? Schreiben Frauen? Wird es überhaupt genug Autorinnen geben? "Wir wurden gefragt: Ihr wollt nur Werke von Frauen veröffentlichen? Wie könnt Ihr in einer so kleinen Nische publizieren?", erzählt Urvashi Butalia. "Wir sagten, Frauen sind die Hälfte der Welt. Die Frage des 'nur' stellt sich nicht."

Gründung eines Frauenverlages

Mitte der 1970er Jahre war eine neue, starke Frauenbewegung entstanden. Landesweit bildeten sich zahlreiche Frauengruppen. Da war es schließlich nahe liegend, auch einen Frauenverlag zu gründen, meint Urvashi Butalia.

Selbstverständlich hatten Frauen im Subkontinent schon lange vor der neuen Frauenbewegung der 1970er Jahre belletristische Literatur verfasst und veröffentlicht. Manche dieser Werke hatten auch für große Aufregung gesorgt, wie die 1941 publizierte Kurzgeschichte "Lihaaf" ("Die Steppdecke"), in der Ismat Chugtai eine lesbische Beziehung schildert.

"Es war wie Detektivarbeit"

Knapp vier Jahrzehnte später sah sich die Autorin Mridula Garg mit einer Obszönitätsklage konfrontiert. In ihrem Roman "Chitcobra" ("Die gefleckte Kobra") hatte sie auf einigen wenigen Seiten das gespaltene und kritische Verhältnis einer Ehefrau zum Geschlechtsverkehr mit ihrem Mann beschrieben.

Die Zahl der schreibenden Frauen war allerdings weitaus größer, als selbst feministisch engagierte Forscherinnen und Verlegerinnen noch in den 1980er Jahren annahmen. "Wir waren begeistert, wie viel Literatur wir entdeckten. Sobald wir einmal erkannt hatten, wie viel es gab, trieb uns die Neugier weiter. Es war wie Detektivarbeit. Wir machten uns auf die Suche nach Frauen, von deren Existenz wir nichts geahnt hatten", erzählt K. Lalita von den Recherchen für die Anthologie über Frauenliteratur in Indien von 600 v. Chr. bis zum 20. Jahrhundert, die sie Anfang der 1990er Jahre gemeinsam mit Susie Tharu von der Osmania Universität in Hyderabad herausbrachte.

Literarische Diversität

Indisches Frauenleben in seiner ganzen literarischen Diversität zu erfassen, haben sich eine Reihe von Verlagen, NGOs und feministischen Publikationen zum Ziel gesetzt. Eine führende Rolle spielen die beiden Nachfolgerverlage von "Kali for Women", Urvashi Butalias "Zubaan" und Ritu Menons "Women Unlimited".

Die Frauenverlage und NGOs wie Sparrow, das Ton- und Bildarchiv für Frauen in Bombay, oder Asmita in Hyderabad interessieren sich besonders für die Umstände, unter denen Frauen schreiben, und welchen Formen von (Selbst-)Zensur sie unterliegen.