Annäherungen an die Megastädte Indiens

Mumbai - Delhi - Kolkata

"Mumbai - Delhi - Kolkata. Annäherungen an die Megastädte Indiens" nennt sich das von dem Historiker Ravi Ahuja und der Ethnologin Christiane Brosius herausgegebene Buch. Begonnen hatte das Projekt mit einer Lehrveranstaltung.

Die indische Wirtschafts- und Finanzmetropole Bombay - oder Mumbai, wie sie heute offiziell heißt - zählt neben der Hauptstadt Neu Delhi und dem in Kolkata umbenannten ehemaligen Kalkutta zu den Megastädten des Subkontinents. Der Begriff Megastädte - Megacities - wurde vor rund drei Jahrzehnten für Städte mit mehr als fünf Millionen Einwohnern eingeführt und bezeichnet heute Städte mit mehr als zehn Millionen Einwohnern.

Wie viele Einwohner Mumbai, Delhi und Kolkata wirklich haben, weiß wohl niemand so ganz genau. Bombay soll laut dem neuesten UNO-Bericht über die Städte der Welt aber innerhalb der nächsten zehn Jahre von einer Megastadt zu einer Metastadt heranwachsen, also einer Stadt mit mehr als 20 Millionen Einwohnern.

Ein dfferenziertes Bild vermitteln

"Mumbai - Delhi - Kolkata. Annäherungen an die Megastädte Indiens" nennt sich das von dem Historiker Ravi Ahuja und der Ethnologin Christiane Brosius herausgegebene Buch. Begonnen hat alles mit einer Lehrveranstaltung, deren Ziel es war, Studierenden unterschiedliche Zugänge zu urbanen Räumen zu eröffnen.

Ravi Ahuja will mit dem Buch einer breiteren Öffentlichkeit ein differenziertes Bild vermitteln, denn seiner Meinung nach gibt es eine große Diskrepanz zwischen Spezialstudien und dem, was man in den Medien vermittelt bekommt: "Polemisch zugespitzt: Das Bild von Kalkutta haben wir meist Europäern wie etwa Mutter Theresa zu verdanken." Die Wirklichkeit sähe aber anders aus: "Die Städte brummen vor Energie, Widersprüchen und Konflikten, aber niemand wartet auf die Retter aus dem Westen."

Von britischer Kolonialherrschaft geprägt

Was die Megastädte Mumbai, Delhi und Kolkata verbindet, ist ihre Größe und die Tatsache, dass sie alle drei stark von der britischen Kolonialherrschaft geprägt wurden. In ihrer Struktur und Kultur sind sie freilich völlig unterschiedlich, wie einige Beiträge in dem Buch gut verdeutlichen.

Das Wesen Kolkatas lässt sich nicht verstehen ohne die Rolle der bengalischen Bhadralok, wie die gebildete und begüterte Oberschicht genannt wurde. Delhi, das einst Sitz der Mogulenherrscher war, hat sich nach der blutigen Teilung des Subkontinents in die beiden Staaten Indien und Pakistan im Jahr 1947 von Grund auf verändert. Während die muslimische Elite nach Pakistan zog, suchten viele Hindus aus den Pakistan zugefallenen Regionen Zuflucht in der Stadt.

Große soziale Unterschiede

Bombay, die Heimat der indischen Filmindustrie Bollywood, war stets die kosmopolitischste Stadt, die eine größere Vielfalt an Zuwanderern anzog als alle anderen urbanen Räume. In den Slums wohnen viele Menschen, die als Putzfrauen, Chauffeure, Wachpersonal und sonstige Bedienstete das Leben der Mittelklasse erleichtern.

Doch je besser es zumal der neuen, im Zuge der Liberalisierung herangewachsenen Mittelklasse ergeht, desto mehr fühlt sie sich vom Anblick der Slums abgestoßen und drängt deren Bevölkerung an den Stadtrand. Für die obere Mittelschicht werden hingegen exklusive Wohnviertel, so genannte gated Communities, gebaut, aus der der Großteil der Bevölkerung von Anfang an ausgeschlossen ist.

Hör-Tipp
Kontext, jeden Freitag, 9:05 Uhr

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Buch-Tipp
Ravi Ahuja, Christiane Brosius, "Mumbai - Delhi - Kolkata. Annäherungen an die Megastädte Indiens", Draupadi Verlag, ISBN 3937603077