Ausgezeichneter "Salon Hip Hop"

Ein "Karl" für Pigor & Eichhorn

Mit ihrem ganz speziellen "Salon Hip Hop" haben Pigor und Eichhorn in den letzten Jahren ihr Publikum mit urbanem Musikkabarett versorgt. Für ihr "Volumen 4" werden sie am 25. September mit dem Österreichischen Kabarettpreis "Karl" ausgezeichnet.

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Sie überprüfen ihr Publikum regelmäßig auf seine "Karnevalisierbarkeit" und brachten einen Stil in die österreichische Kleinkunstlandschaft, der mit so saloppen Begriffen wie "Salon Hip Hop" oder "urbanes Musikkabarett" umschrieben wird: Thomas Pigor und Benedikt Eichhorn. Als Duo "Pigor & Eichhorn" gehören sie jener neuen Chansonszene an, die sich in den 1990er Jahre in Berlin-Mitte entwickelte.

Die ersten nicht-österreichischen Preisträger

Bereits mit dem Deutschen Kleinkunstpreis in der Sparte "Lied" gekürt, werden die beiden Entertainer demnächst um eine österreichische Auszeichnung reicher: Am 25. September erhalten Thomas Pigor und Benedikt Eichhorn den Kabarettpreis Karl.

Seit 1999 wird diese mit 7.000 Euro dotierte und von Wien Energie gestiftete Trophäe im Rahmen einer Gala im Wiener Vindobona übergeben. Pigor & Eichhorn sind die ersten nicht-österreichischen "Karl"-Preisträger in der Vergabegeschichte dieser Auszeichnung. Der Förderpreis geht heuer an Pepi Hopf für sein aktuelles Solo "Gib dir dein Leben zurück".

Pigor singt, Eichhorn muss begleiten

"Kennen gelernt haben wir uns im Sommer 1992 in Berlin und begannen, Songs miteinander zu machen: Pigor die Texte, ich die Musik. Das haben wir schließlich in kleinen Klubs ausprobiert. Unsere Arbeitsform ist jetzt so: Pigor gibt einen Text vor und wir machen dann gemeinsam die Musik am Klavier. Die Gruppe heißt daher auch sinngemäß 'Pigor singt. Benedikt Eichhorn muss begleiten'. Letzterer bin ich und ich mache das gerne, weil ich erfolgreich damit bin."

Benedikt Eichhorn, Jahrgang 1962, ist wie sein Kollege Pigor Wahlberliner. Bevor er zum ständigen musikalischen Begleiter von Thomas Pigor wurde, studierte er in Essen Klavier und Geschichte und übersiedelte 1992 nach Berlin. Thomas Pigor kommt aus Unterfranken und bringt sechs Jahre mehr an Lebenserfahrung mit in das Duo. Mit einem Chemiediplom und eine Gesangsausbildung als Startkapital, entschied er sich zu Beginn der 1990er Jahre für eine Karriere als freier Autor im Kabarett- und Musical-Genre.

Der Meister und sein Sklave

Die Titel der gemeinsamen Programme geben Pigor & Eichhorn in Volumen an. Mittlerweile sind sie bei Volumen 4 angelangt. Gelegentlich - wie im aktuellen Volumen - durchbricht Ulf als Rhythmiker an Sampler und Synthesizer dieses starre Korsett des Duos auf der Bühne. Doch in Fragen der Gruppendynamik sind die Vorgaben zwischen dem Musiker Benedikt Eichhorn und seinem Conferencier unverändert, meint Thomas Pigor:

"Wir hatten von Beginn an so ein Master-Slave-Verhältnis. Das ist in der Bühnenperformance von Duos nichts Neues und wir hatten von Anfang an das Spiel, dass ich den Pianisten quäle. Beim ersten Programm war er noch sehr unterdrückt, im zweiten durfte er dann probieren, Conferencen zu machen. Er schrieb sich alles auf Kärtchen auf und das ging natürlich schief. Nun ist es so, dass ich auf der Bühne sage, wir seien ein gleichberechtigtes Duo. Er missversteht das natürlich und quatscht mir die ganze Zeit rein und das geht so weit, dass die Sympathien, die er als Unterdrückter zuerst hatte, in Frage gestellt werden."

Ott oder Jelinek?

Sprache, Rhythmus und Musik gehen bei Pigor & Eichhorn die erstaunlichsten Fusionen ein. Komplexer Inhalt oder scheinbare Banalität, für jeden Inhalt hat man eine formale Bosheit auf Lager. Ob das Publikum für den subtilen Humor ihrer Programme auch tauglich ist, das testen Thomas Pigor und Benedikt Eichhorn im Laufe Ihrer Chansonabende immer wieder aus.

"Namensreflexverfahren" ist das Zauberwort und schon legt so mancher Kabarettbesucher unversehens seinen kulturellen Hintergrund offen. Auf der Bühne tarnt Thomas Pigor das Ganze als Spiel. Er ruft einen beliebigen Namen in die Menge und die Zuschauer sind aufgefordert, ohne nachzudenken ihre Assoziation dazu lautstark kundzutun. Bei "Elfriede" zeigte sich das österreichische Publikum unentschieden zwischen "Ott" und "Jelinek".

Neues Großstadtchanson

Pigor & Eichhorn haben gemeinsam so etwas wie ein neues deutsches Großstadtchanson kreiert. Die thematische Mischung für ihre Abende ist speziell: Es geht um Wurtverkäuferinnen, das Lärmschutzgesetz und französische Frauen ebenso, wie um Zigaretten, Rolltreppengeländer oder um das Fliegen.

Auf der Bühne geben sich Thomas Pigor und Benedikt Eichhorn gelegentlich unkorrekt, es wird überzeichnet, gestritten, Klischees werden scheinbar bedient und gleich darauf listig widerlegt. Und die rhythmisch durchaus gefällige Liedform ist oft Täuschungsmanöver. Zu wohlklingender Musik kann da schon gelegentlich auch eine Abhandlung über die Fettlebigkeit der Amerikaner gesungen werden.

Hör-Tipp
Contra, Sonntag, 17. September 2006, 22:05 Uhr

Veranstaltungs-Tipp
Pigor & Eichhorn, "Volumen 4", 21. bis 23. September 2006, Kabarett Niedermair,
Ö1 Club-Mitglieder erhalten ermäßigten Eintritt (Vorverkaufspreis an der Abendkasse).

Links
Pigor & Eichhorn
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Wien Energie