Eine Werkschau

Best of Dolores Schmidinger

Gemeinsam mit ihrem musikalische Begleiter Bernhard van Ham arbeitet die Kabarettistin Dolores Schmidinger in einer äußerst unterhaltsamen musikalischen Gruppentherapie auf, was ihre bisherigen Bühnenfiguren so durchmachen mussten.

Wie sie zu ihrem Vornamen kam und noch einige andere kleine Geschichten aus ihrer bewegten Biografie ließ Dolores Schmidinger in ihre Werkschau einfließen. "Best of Dolores Schmidinger" nennt die Schauspielerin und Kabarettistin ihren bunten Abend, der mehrheitlich aus Liedern besteht, die schon in vorangegangenen Programmen vorgestellt wurden.

Aus dem Leben der Dolores

Musikalisch unterstützt von Bernhard van Ham hat die Kabarettistin eine Werkschau zusammengestellt, in der keine künstlich erdachten Figuren Conferencen bestreiten, sondern in der Dolores Schmidinger höchst persönlich zu Wort kommt.

"Diesmal habe ich mir selbst eine Freude gemacht. Ich bringe nicht nur ein 'Best of' von meinen Liedern, sondern auch ein 'Best of' von mir." Dolores Schmidinger erzählt aus ihrem Leben. "Es beginnt mit der kleinen Dolores, die in Erinnerung an die ehemalige südamerikanische Liebschaft ihres Vaters so getauft wurde. Und es endet mit einer Seniorin, die 2010 mit Gleichaltrigen zum Rolling-Stones-Konzert pilgert."

Elf eigene Programme bisher

Seit 1988 verbringt die Schauspielerin Dolores Schmidinger einen Großteil ihrer Zeit auf der Kabarettbühne. Elf Kleinkunstprogramme hat sie seither präsentiert, "Best of Dolores Schmidinger" ist die Nummer zwölf in der langen Reihe. Gemeinsam mit Andrea Händler lieferte sie außerdem höchst erfolgreich eine Bühnenfassung von Elisabeth T. Spiras "Alltagsgeschichten" ab.

Nun war es für die Künstlerin an der Zeit, einmal "die Schmidinger" selbst zu Wort kommen zu lassen: "Ich hatte nie den Mut dazu gefunden, ein eigenes Programm zu schreiben", gesteht Dolores Schmidinger. "Ich fand mein Leben nie so interessant, was eigentlich falsch war. In diesem Programm habe ich mich zum ersten Mal getraut, alles selbst zu schreiben. Ich hatte viel Anfeuerung und Therapie nötig, um mich an die Texte heranzuwagen. Frauen haben in der Satire keine Tradition. Das haben wir den Männern überlassen."

Dolores Schmidinger präsentiert sich in ihrer Werkschau auf der Bühne auch erstmals weitgehend in der branchenüblichen Kabarett-Uniform: schwarze Hose, schmuckloses schwarzes Oberteil, wenig Kostüme. Gerade einmal für ihren Namensgebung-Song "Warum nennen's mich Dolores" legt sie eine gelbe Federboa um. Als Braut, die sich beim Polterabend eindeutig zu viel traute und dabei noch gefilmt wurde, schlüpft sie in das weiße Vermählungsgewand und als Sheriff von Ottakring fegt sie mit Hut und Krückstock über die Bühne.

Humor ist eine Machtfrage

Ihre Autorenschaft hat Dolores Schmidinger genau genommen Michael Niavarani zu verdanken, der immer wieder Sketches und kabaretttaugliche Geschichten für die Programme seiner Kollegin ersann. Als der Simpl-Chef eines Tages von akutem Zeitmangel geplagt war und nicht mehr als Autor zur Verfügung stehen konnte, dachte Dolores Schmidinger erstmals darüber nach, wie es wohl wäre, eigene Kabaretttexte zu verfassen.

"Die Leute riechen es ja, wenn du Angst hast. Ich habe im Jahr 2000 viel gelernt. Damals war ich die erste Frau im Simpl, die Conferencen machte. Und Du musst als Frau doppelt so lustig sein, nur weil Du ein Abendkleid anhast. Die Schmähs von Michael Niavarani wurden stets mehr akzeptiert. Humor ist eine Machtfrage - das klingt jetzt wieder sehr feministisch, aber es stimmt: Nur der Starke macht die Witze."

"Ich sollte keine Kritiken lesen"

Mit ihrer Werkschau "Best of Dolores Schmidinger" ist der Kabarettistin ein sehr facettenreiches Programm geglückt, ein unterhaltsamer Abend, dem man gerne beiwohnt. Damit schuf sie sich eine Legitimation dafür, alle jene Coverversionen bekannter Lieder und Songs, die in den früheren Programmen immer den Status der Zugabe hatten, in einer Performance zu vereinen. Mit Charme und Witz mischt Dolores Schmidinger - gänzlich frei von formalen Zwängen - Rolling Stones und Operette wild durcheinander.

Eine weitere Stärke des Abends besteht darin, dass er ohne komplizierte Rahmenhandlung stattfinden darf. Dolores Schmidinger spielt Dolores Schmidinger - ohne große Geste und ohne große Robe. Sie scherzt über die Fallstricke, die das Leben auch für sie bereit hält, darf nachdenklich und selbstironisch sein, ohne dabei aus der Rolle zu fallen, und sie versucht, sich durch Kritiken nicht mehr so kräftig irritieren zu lassen. "Mich können bis heute Kritiken völlig aus der Bahn werfen. Ich sollte keine Kritiken lesen", nimmt sie sich vor. "So werde ich das auch machen, ich werde es mir endlich abgewöhnen - und: ahoi!"

Hör-Tipp
Contra, Sonntag, 22. Juni 2008, 22:05 Uhr

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