Eine Reise durch 16 Megacitys

Die Zukunft der Metropolen

Mit der Verleihung eines Goldenen Löwen an den britischen Stararchitekten Richard Rogers ist am Sonntag die 10. Architektur-Biennale in Venedig eröffnet worden. Bei der Schau geht es um urbane Entwicklung und Städteplanung.

Mit der Verleihung eines Goldenen Löwen an den britischen Stararchitekten Richard Rogers ist die 10. Architektur-Biennale am Sonntag, 10. September in Venedig eröffnet worden. Bei der Schau mit dem Titel "Stadt. Architektur und Gesellschaft" geht es um urbane Entwicklung und Städteplanung. Der 73-jährige Rogers bekam die Auszeichnung für sein Lebenswerk von seinem italienischen Kollegen Renzo Piano überreicht, mit dem er zusammen in den 1970er Jahren das Centre Pompidou in Paris entworfen hatte. Es zählt mittlerweile zu einem der weltweit meistbesuchten Neubauten der Nachkriegszeit.

16 Städte auf 300 Metern

Der diesjährige Biennale-Chef, der Brite Richard Burdett, hat, ausgehend von der Tatsache, dass bereits mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten lebt und dieser Anteil bis 2050 auf 75 Prozent steigen könnte, das Thema "Stadt, Architektur und Gesellschaft" gewählt. Er illustriert dies anhand von 16 Städten, und so macht der 300-Meter-Parcours in den ehemaligen Werfthallen des Arsenale mit seiner Flut an Zahlen, Bildern, Charts und Texten vor allem die Dimension des Problems deutlich.

New York hat 1.451 Mal die Größe von Venedig, Tokio ist mit 35,2 Millionen Einwohnern vor Mexiko City (19,4 Mio.) die bevölkerungsmäßig größte Stadt der Welt, wird aber voraussichtlich 2050 von Mumbai (dem ehemaligen Bombay) mit dann 40 Millionen abgelöst. In Mumbai lebt die Hälfte der Bewohner in Slums, 90 Prozent gehen keiner geregelten, offiziell angemeldeten Arbeit nach.

Sao Paulo ist die drittgrößte italienische Stadt der Welt und die größte Stadt Japans, Portugals, Spaniens und des Libanon außerhalb von deren Staatengebieten. Das sind nur manche von unzähligen Informationen, die auf die Besucher einströmen. Auch aus Wien erfährt man Interessantes: Heute, so verrät eine Schautafel, kann man von Wien aus einen Bereich, in dem 19,4 Mio. Menschen leben, innerhalb von vier Stunden mit dem Zug erreichen, 2025 sollen es 53,1 Millionen sein.

Hot-Spot Golf-Region
Ergänzend dazu stellen im italienischen Giardini-Pavillon 13 internationale Forschungsinstitute ihre Arbeiten zu den angeschnittenen Zukunftsthemen vor. Der Bogen spannt sich dabei von Platz sparenden City Cars, gegen die der Smart wie eine Limousine wirkt, bis zu einer von Rem Koolhaas und seinem OMA.AMO-Büro realisierten eindrucksvollen Darstellung der Golf-Region als eines der Hot-Spots für die Entwicklung der Städte der Zukunft.

Verwaisende Zentren
Aber auch die gegenläufige Entwicklung gibt es, "schrumpfende Städte". Aus Detroit, Halle und Leipzig sowie Manchester und Liverpool erfährt man, wie die Gegenbewegung aussieht, das Verwaisen der verdichteten Zentren. Möglicherweise die Zukunft von Überübermorgen. Und mindestens genauso problematisch.

Neben der internationalen Schau stellen etwa 50 Länderpavillons nationale Beiträge vor, bei denen - ganz im Sinne von Burdett - heuer so wenig klassische Architekturmodelle zu sehen sind wie wohl nie zuvor.

Aus Industriegerüst-Stangen wurden beim französischen Projekt "Metaville" Küche und DJ-Plattform, Kommunikationsebenen und Schlafkojen auf engstem Raum neben- und übereinander installiert, vor dem Pavillon Tische und Liegestühle aufgestellt. Hier lässt sich leben, reden, essen, sich unterhalten und zur Erinnerung ein T-Shirt bedrucken. In quicklebendiger Weise wird hier das Großthema Stadt im Kleinen nachvollziehbar gemacht.

Stadtplanungsdiskussion für Österreich
Im Österreich-Pavillon hat Kommissär Wolf D. Prix das Thema Stadt als "Form, Raum und Netz" aufgegriffen und dafür visionäre Projekte von Hans Hollein und Friedrich Kiesler sowie eine "urbar" von Gregor Eichinger als Symbol für Netzwerke ausgewählt. Außerdem wird unterschiedlichstes Datenmaterial über Wien sichtbar gemacht.

Eröffnet hat Prix die Schau mit den Worten: "Wir sind in unserem Land nicht wirklich aufgefordert, in visionärer Weise über Stadt und Stadtplanung nachzudenken. Daher nehmen wir jetzt einen Anlauf und eröffnen eine Stadtplanungsdiskussion in Österreich. Denn Planung hat etwas mit Ahnung zu tun."

Außerhalb des Giardini-Geländes gibt es in einem angemieteten weiteren Raum außerdem die schon in Berlin gezeigte Ausstellung "Rock Over Barock" mit sieben jungen Architekten und Architekturstudios (unter anderem mit the next ENTERprise architects, ARTEC Architekten und Delugan Meissl sowie zwei Studentenprojekten der Universität für Angewandte Kunst) zu sehen.

Mehr dazu in Ö1 Inforadio und oe1.ORF.at

Veranstaltungs-Tipp
Biennale Archittetura, "Städte. Architektur und Gesellschaft", Sonntag, 10. September bis Sonntag, 19. November 2006, Venedig

Links
Architekturbiennale - Österreich
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