Bericht über ein einfaches Leben
Wer wandert, braucht nur, was er tragen kann
Was man wirklich zum Leben braucht, ist denkbar wenig, findet Anne Donath. Sie lebt in einem kleinen Haus - 4 mal 4 Meter Grundfläche - und spart, wo's nur geht. Ihre Erfahrungen mit dem einfachen Leben hat sie jetzt in einem Sachbuch festgehalten.
8. April 2017, 21:58
In diesem Jahr 2006 werde ich 58 Jahre alt. Ich habe ein Haus und einen Garten und neun Monate des Jahres frei. Was ich nicht habe, sind Schulden oder Zukunftsängste beim Gedanken an meine Altersvorsorge.
Was Anne Donath im Vorwort zu ihrem Buch sagt, das kann nicht jedermann von sich behaupten. Allerdings: Ihr Leben ist auch nicht ganz das, was "jedermann" sich als Leben wünscht, und ihr "Haus" nicht ganz das, was "jedermann" sich unter einem Haus vorstellt. Auch Anne Donath musste sich erst an dieses "Haus" gewöhnen, als sie vor gut zwölf Jahren hier einzog:
Morgens war es oft recht kalt. In Dauerfrostzeiten schon mal vier Grad. Ich hab dann Feuer gemacht, Wasser für den Kaffee und fürs Waschen aufgesetzt und bin wieder ins Bett, bis die Temperatur in der Hütte überschlagen war. Der Kaffeeduft hat mich wieder rausgelockt.
Zu wenig Pension
Anne Donath ist keine "Aussteigerin" und auch sonst kein Mensch, der aus irgendeinem Grund einer "ordentlichen" Dorfgemeinschaft ein Dorn im Auge sein könnte. Der Grund für ihre Entscheidung war kein ideologischer, sondern ein wirtschaftlicher: Anne Donath, von Beruf Krankenschwester und Krankenpädagogin, Mutter dreier erwachsener Töchter, stellte nach Kindererziehung und Scheidung fest, dass sie nur eine sehr geringe Pension erhalten würde. Reisen nach Nordafrika, zu den Tuaregs und den Berbern, führten Anne Donath dann vor Augen, von wie wenig man leben kann.
Danach sehnen wir uns doch alle, wenigstens für die kostbarsten Tage des Jahres, unseren hart verdienten Urlaub. Nach einer kleinen Hütte, hoch auf den Bergen oder auf einer Insel im Meer. (...) Wo wir unter ganz ursprünglichen Bedingungen einfach nur da sein dürfen!
Drei Monate arbeiten, neun Monate frei
Anne Donath hat diesen Urlaubstraum fürs ganze Jahr wahr gemacht. Sie arbeitet nur im Juni, Juli und August, die restliche Zeit des Jahres hat Anne Donath frei. Aber auch in ihren drei Arbeitsmonaten fährt sie mit dem Fahrrad ins Krankenhaus, oder geht die eine Stunde dorthin zu Fuß. So braucht sie weder Auto noch Fitnessclub zu bezahlen. Sie wäscht ihr Geschirr und ihre Wäsche mit der Hand, und benötigt so weniger Zeit, als wenn sie für Waschmaschine, Geschirrspüler und Elektrizität Geld verdienen müsste. Sie hat keinen Fernseher und keinen Internetanschluss, und dadurch viel mehr Zeit zum Lesen und Wandern.
Nach sieben Jahren Voll-Arbeitszeit, die sie schon in ihrer kleinen Hütte verbrachte, war es dann so weit: Anne Donath kann nun die meiste Zeit des Jahres tun, was sie will, ist trotzdem kranken- und pensionsversichert, und freut sich darauf, dass sie bald ganz in die Rente gehen kann.
Nicht jedermanns Sache
Für ein solches Lebensmodell muss man geschaffen sein. Nicht jeder könnte auf Computer und sonstiges technisches Spielzeug, auf Auto und Sportgeräte, auf Theaterbesuche und Beiseltouren, auf Mode und kostenintensive Freizeitbeschäftigungen verzichten. Und nicht jeder ist so gesund, dass er auch abseits der in unseren Breiten üblichen, von Anne Donath liebevoll-ironisch "Wohnmaschinen" genannten Behausungsformen überleben könnte. Auch bei Anne Donath ist der Beschluss erst langsam, nach vielen Jahren des so genannten "normalen Lebens" gewachsen.
Anne Donath reist nach wie vor allein nach Afrika und will das auch weiterhin tun: mit dem Zug bis Genua, dann mit dem Schiff bis nach Tunis und weiter mit dem Fahrrad, oder zu Fuß. Der Hauptteil des Buches "Wer wandert, braucht nur, was er tragen kann" besteht aus Reisebeschreibungen: lyrische Prosa über Afrika und viele Schwarzweißfotos der Menschen, die dort leben.
Der Rest des "Berichts über ein einfaches Leben", wie Anne Donath ihr Buch im Untertitel nennt, wird von Erzählungen über den Alltag im Ort Steinhausen gebildet, und über die schlichten Beschäftigungen in ihrer Hütte, wenn es am Abend nur noch Kerzenlicht gibt.
Hör-Tipp
Kontext, jeden Freitag, 9:05 Uhr
Download-Tipp
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Buch-Tipp
Anne Donath, "Wer wandert, braucht nur, was er tragen kann. Bericht über ein einfaches Leben", Malik Verlag, ISBN 3890293107