Messner, Kaltenegger, Palm & Co stellen sich vor

Liste KPÖ im Wahlkampf '06

Für soziale Sicherheit und Gerechtigkeit, für die Stärkung des öffentlichen Eigentums, für Demokratie und gegen Diskriminierung und Rassismus - das sind die Kernpunkte des Programms der KPÖ und ihres Spitzenkandidaten Mirko Messner.

Kurt Palm zum Wahlverhalten Mozarts, würde er noch leben

"Es ist genug für alle da" oder "Gleichgewicht statt Reichgewicht" - solche oder ähnliche Slogans leuchteten am 1. und 2. September von den Wahlplakaten der Kommunistischen Partei Österreichs, als bei ihrem Wahlkampfauftakt das 60. "Volksstimme"-Fest auf der Jesuitenwiese im Wiener Prater in Szene ging.

In ausgelassener Stimmung schlängelten sich dabei Tausende Besucher - von Jungmüttern mit Babies in Tragetüchern bis zum greisen Funktionär - an Dutzenden Ständen vorbei, an denen heiße Würstel, Che-Guevara-T-Shirts oder alte Bücher angeboten wurden. Mitten unter ihnen Ernest Kaltenegger, der sowohl bei den jüngsten Gemeinderatswahlen in Graz als auch bei den steirischen Landtagswahlen den Einzug in die Volksvertretung geschafft und damit der KPÖ zu einem kaum erwarteten Erfolgserlebnis verholfen hat.

Nicht nur kubanische Klänge

"Die Stimmung ist gut in der Partei", bestätigt ein betagter Funktionär aus dem 20. Wiener Gemeindebezirk, der schon alle Abstürze seiner Partei miterlebt hat: "Es geht aufwärts!". Im Hintergrund ist neben kubanischen Klängen auch die DDR-Hymne zu hören. "Ich glaube, die kann man auch kaufen. Die hat einer unserer Genossen reproduziert. Man muss ihn nur fragen, ob er jetzt genügend CDs da hat. Ich habe auch schon eine zu Hause und höre sie gerne", verkündet er stolz.

Überall dort, wo Ernest Kaltenegger in der Menge auftaucht, bildet sich ein Menschenknäuel um die derzeitige Leitfigur der KPÖ. Und so mancher gerät beim Anblick des Steirers geradezu in Euphorie; auch Drahdiwaberl-Sänger Ernst Weber. "Es weht ein Lüfterl; ich glaube, die Revolution bricht aus", sagt er und erläutert: "Lateinamerika hat ja schon damit begonnen; aber ich glaube, Graz ist die Stätte der Revolution, von der wirklich alles ausgeht". Kaltenegger lächelt freundlich: "Na ja, ein bisserl wird's schon noch dauern, fürcht' ich!" Und Drahdiwaberl ergänzt: "Das schon, aber wir sind ja noch jung, oder?"

Wo bleibt Mirko Messner?

Zu einem Zusammentreffen Kalteneggers mit dem eigentlichen Spitzenkandidaten der KPÖ, Mirko Messner, kommt es allerdings nicht. Denn dieser erscheint erst einen Tag später auf dem KPÖ-Fest. Dazu befragt, spricht der Grazer Stadtrat von einem Zufall. Dennoch sieht er das Verhältnis zwischen Bundes- und steirischer KPÖ nicht ungetrübt: "Es gibt sicher noch Verbesserungsmöglichkeiten. Wir sollten schauen, dass wir auf eine einheitliche Linie kommen. Das wäre sicher sehr nützlich - für beide". Mehr ist ihm nicht zu entlocken.

Ob die KPÖ vielleicht doch ein Grundmandat schafft? Darüber gibt sich Ernest Kaltenegger eher skeptisch. "Wäre schon eine tolle Sache. Ich halte das aber für sehr utopisch. Wir müssten ja unser hervorragendes Ergebnis von der Gemeinderatswahl in Graz noch einmal verbessern. Das halte ich für sehr unwahrscheinlich", bleibt er realistisch: "Aber freuen würde ich mich über einen Stimmenzuwachs; und das ist - so glaube ich - möglich, also dass wir endlich über dieses eine Prozent hinweg kommen, das uns da immer so quält und das wir nie erreichen konnten."

Brecht im Kofferraum

Auf einer Bühne bemüht sich Regisseur Kurt Palm, der auf dem dritten Listenplatz der KPÖ kandidiert, Zitate des als Kommunisten jahrelang verpönten Bertold Brecht wiederzugeben. "Bertold Brecht hat die Wahrheit sehr einfach auf den Punkt gebracht, indem er gesagt hat: 'Wärst du nicht reich, wär ich nicht arm'. Das Geld ist ja vorhanden, es ist nur falsch verteilt", belehrt er die Menge und bemüht sich sichtlich, mit Lesungen aus seinem neuen Buch "Brecht im Koffereraum" für Stimmung zu sorgen.

So lässt er in seinem Vortrag unter anderem einen Exkurs über Mozart verlauten, um darzulegen, warum Mozart wohl die KPÖ gewählt hätte (siehe Audio). Nach seiner Lesung verweist Palm dann seine Zuhörer als potenzielle Käufer zum Stapel seiner Bücher.

Auf die Frage, ob die KPÖ vielleicht diesmal das erste Mal seit 1959 wieder ins Parlament einziehen wird können, antwortet der als Regisseur für Hermes Phettbergs "Nette Leit Show" bekannte Regisseur diesmal allerdings nicht mit "Frucade" oder "Eierlikör", sondern: "Na ja, wenn ich vorher heilig gesprochen werde, glaube ich das schon, aber da haben wir ja noch ein bisserl Zeit. Momentan bin ich eher dafür, dass man die Kirche im Dorf lässt. Meine persönliche Prognose lautet daher: Verdoppelung der Stimmen. Das wär' schon ein schöner Erfolg. Alles was drüber geht - also in Richtung 1,5 bis zwei Prozent - wär' für mich persönlich schon eine Überraschung. Das Grundmandat in Graz könnte sich ausgehen, aber ich bin nicht so heiß darauf, jetzt unbedingt in das Parlament zu kommen. Das ist ein Missverständnis, denn ich kandidiere in erster Linie für eine Bewegung!"

Das neue Gesicht

Als der neue Spitzenkandidat Mirko Messner einen Tag später zum "Volksstimme"-Fest kommt, wird er von den Besuchern kaum erkannt. Dass viele keine Notiz von ihm nehmen und ihn nicht einmal kennen, stört ihn allerdings kaum. "Ein neues Gesicht ist immer gut", meint er, "mit der Zeit wird man erfahren, wer das ist und was er denkt." Und schießt gleich eine Breitseite auf Jörg Haider nach dessen neuesten Windungen im Kärntner Ortstafelstreit. "Haider disqualifiziert sich selbst mit dieser Aktion", findet er scharfe Worte. "Er ist kein Landeshauptmann. Er ist ein deutsch-nationaler, rechtsextremer Politiker und gehört seines Amtes enthoben".

Obwohl die KPÖ nur mit einem Wahlkampf-Budget von 100.000 Euro auskommen muss, ist Mirko Messner dennoch für die kommenden Wahlen zuversichtlich. Vor allem mit seinen Forderungen zur Millionärssteuer will er punkten: "Wir wollen auf jeden Fall über ein Prozent kommen. Wir wollen - wenn es möglich ist - zumindest in einigen Bundesländern das BZÖ überholen und in jedem Fall mit einem satten Stimmengewinn aus der Wahl aussteigen", betont er und lässt zum Abschluss des "Volksstimme"-Festes" auf der Bühne einen flammenden Appell folgen: "Was wir haben wollen, ist, dass in der politischen Landschaft in Zeiten zunehmenden Reichtums der soziale Gedanke in der politischen Landschaft wieder einen Wert und einen Raum bekommt!"

Mini-Chancen der KPÖ

Der Politologe Peter Filzmaier geht jedenfalls - was die Chancen der KPÖ bei den kommenden Nationalratswahlen betrifft - von einem sehr niedrigen Ausgangsniveau aus. Er glaubt, die Bandbreite der Stimmenzuwächse werde von unter einem Prozent bis über einem Prozent liegen. Das Phänomen KPÖ sieht er vor allem in der Person von Ernest Kaltenegger:

"Er hat den Einzug in die Volksvertretung geschafft, nicht weil er die KPÖ vertritt, sondern obwohl er sie vertritt, weil er offenbar ein authentischer, seine sozialen Anliegen glaubwürdig vertretender Politiker ist. Mangels Kandidatur von Kaltenegger ist das aber sicher nicht auf die Nationalratsebene übertragbar. Auch die Chance auf ein Grundmandat in Graz ist allenfalls eine Mini-Mini-Chance", meint der Politologe.

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Journal-Panorama, Dienstag, 5. September 2006, 18:25 Uhr

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Kommunistische Partei Österreich