Erfinder der Robinsonspielplätze

"Glückskind" Alfred Ledermann

Er ist Erfinder der Robinsonspielplätze, organisierte nach 1945 die Betreuung von Kindern aus Konzentrationslagern und war Zentralsekretär von Pro Juventute Schweiz: Alfred Ledermann. Trotz schwieriger Jugend meint er, ein "Glückskind" zu sein.

Über die Arbeit mit jungen KZ-Überlebenden

Der Schweizer Alfred Ledermann gilt als Erfinder der Robinsonspielplätze, er initiierte schon früh Gemeinschaftszentren und ließ Feriendörfer für behinderte Kinder errichten.

Lange Jahre hat er als Zentralsekretär von Pro Juventute in der Schweiz viele Projekte und Initiativen gefördert, die oft Vorbildcharakter für andere hatten.

Schwierige Kindheit

"Schilebinggis und Sozialchlochard" hat Alfred Ledermann einen biographischen Band mit Erinnerungen betitelt. Denn als Kind in der Schweiz wurde er von anderen "Schilebinggis" genannt, seine schlechten Augen machten ihm schon früh zu schaffen. Und dennoch beharrt Alfred Ledermann im Gespräch darauf, ein Glückskind zu sein. Ein Glückskind im unermüdlichen Einsatz für andere Kinder. Ledermann verlor als Kind nicht wie befürchtet sein Augenlicht. Er spricht heute noch von einer "Wunderheilung".

Alfred Ledermann feiert heuer seinen 87. Geburtstag. "Erinnerungen an ein reiches Leben" nennt Ledermann seine biographischen Aufzeichnungen im Untertitel. Auf mehr als vierhundert Seiten reflektiert er darin prägende Lebensstationen.

Versorgung von KZ-Überlebenden

26 Jahre ist Alfred Ledermann alt, als er 1945 mit der schwierigen Aufgabe betreut wird, Kinder und Jugendliche zu versorgen, die das Konzentrationslager überlebt haben, die im Lager mit ansehen mussten, wie ihre Eltern, ihre Familienangehörigen, ihre Freunde gedemütigt und getötet wurden.

In seinen Erinnerungen schreibt Alfred Ledermann über die Ankunft im zerstörten Gelsenkirchen: "Wir gehen durch Straßen, wo nur einige wenige Häuser zerstört sind. In anderen hingegen steht kein Haus mehr, nur Ruinen und Trümmer, ein beklemmendes Bild. Auf einer Straßenseite ragt das Skelett einer ausgebrannten, zerbombten Kirche in die Luft, ein gespenstisches Bild. Je weiter wir uns vom Bahnhof entfernen, desto schlimmer wird das Inferno. In manchen Straßen kaum ein ganzes Haus, und doch leben Menschen in diesem Trümmerfeld."

Patenschaften im "kriegsgeschädigten Ausland"

Von Gelsenkirchen kehrt er in die Schweiz zurück, nach Bern. Die Zentralstelle der "Schweizerspende" beauftragt ihn, einen "Patenschaftsdienst für Europa" aufzubauen. Nach drei Jahren Einsatz in der Nachkriegshilfe in Deutschland kommt Alfred Ledermann in die Schweiz zurück. Es gelingt ihm, auch in seiner neuen Tätigkeit überaus erfolgreich zu sein, viele Patenschaften für Jugendliche im, wie es in einer Aussendung heißt, "kriegsgeschädigten Ausland" werden vermittelt.

Am 1.August 1948 übernimmt Alfred Ledermann eine neue Tätigkeit - er hatte eine Anfrage der Stiftung Pro Juventute erhalten.

Robinsonspielplätze

Die Zahl seiner Aktivitäten und Innovationen ist lang - neben der Konzeption der bis heute beliebten Robinsonspielplätzen und der Schaffung von Gemeinschaftszentren, lässt er Ferienhäuser und Feriendörfer für Familien errichten, auch für Familien mit behinderten Kindern.

Alfred Ledermann erfindet den "Ferienpass", der Kindern, die zu Hause ihre Ferien verbringen, viele Begünstigungen in der eigenen Stadt ermöglicht. Er setzt sich für die Menschen in den Bergregionen ein, plädiert für den Ausbau von Mütterberatungsstellen und Kindergärten, organisiert Mütterferien für überlastete Bergbäuerinnen und vieles mehr.

Die Stadt für den Menschen

Als Experte für die UNO zum Thema Stadtentwicklung und Stadtplanung schreibt er 1976 ein wegweisendes Konzept mit dem Titel "Die Stadt für den Menschen". Nicht der Verkehr sollte länger im Blickpunkt der Stadtplaner sein, sondern die Lebensqualität der Menschen in der Stadt.

Im Oktober 1979 nimmt Alfred Ledermann Abschied von Pro Juventute.

Vorwürfe der "Jenischen"

In den letzten Jahren seiner Tätigkeit für das Hilfswerk hatten ihn Vorwürfe der "Fahrenden", der "Jenischen" schwer getroffen. Pro Juventute, so die Anklage, habe in der Aktion "Kinder der Landstraße" in den Jahren zwischen 1926 und 1973 viele Kinder von Fahrenden zwangsbevormundet und ihren Familien entrissen.

Alfred Ledermann weist das zurück: "Pro Juventute hat während 50 Jahren die Kinder der Fahrenden betreut. Daraus wurde ein Vorwurf. Wir haben diesen Fahrenden kein einziges Kind weggenommen. Wir haben erst gehandelt, wenn die Vormundschaftsbehörden uns um Hilfe angefragt haben."

Man habe großartige erzieherische Arbeit für diese Kinder geleistet. "Statt Dank bekamen wir diese Vorwürfe. Da bin ich seelisch fast zu Grunde gegangen."

Hör-Tipp
Menschenbilder, Sonntag, 27. August 2006, 14:05 Uhr

Download-Tipp
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Buch-Tipps
Alfred Ledermann: "Schilebinggis und Sozialchlochard. Erinnerungen an ein reiches Leben" (2 Bände, dzt. unveröffentlicht, beim Autor erhältlich)

Hugo Ernst Käufer (Hrsg.), "Die Kinder von Buchenwald",
Aisthesis-Verlag, ISBN 3895285242

Links
Pro Juventute
Wikipedia - Jenische