Eine Karriere, die von Wien ihren Ausgang nahm
40. Todestag von Jan Kiepura
Seinen internationalen Durchbruch hatte er mit 24 in Wien: Jan Kiepura, dessen 40. Todestag sich am 15. August jährt. In den 1920er und 1930ern genoss der polnische Tenor, mit Martha Eggerth verheiratet, größte Popularität und eroberte die Opernwelt.
8. April 2017, 21:58
Auf den Tag genau am 15. August vor 40 Jahren starb in New York Jan Kiepura: Operntenor, Filmstar, Operetten- und Musicalheld. Ein Künstler, der wie kaum ein anderer seiner Zeit in den 1920er und 1930er Jahren eine fast unvorstellbare Popularität genossen und der ausgehend von Wien, wo sein großer Durchbruch stattfand, sich in kürzester Zeit die ganze Welt erobert hat.
So vielseitig wie seine künstlerischen Begabungen, so breit gestreut war auch seine Anhängerschaft. "Ob blond, ob braun ... ": Jan Kiepura liebten alle - Männer und Frauen.
Bombenerfolg in "Turandot"
"Den großen Verzauberer" hat ihn Marcel Prawy immer genannt, als "Überrumpler" bezeichneten ihn manchmal weniger gut gesonnene Kritiker. Aber ganz gleichgültig, wie man zum Phänomen Kiepura auch stehen mag, Tatsache bleibt, dass das Debüt des damals 24-Jährigen an der Wiener Oper seinerzeit wie eine Bombe einschlug.
Und nachgerade zu einer Sensation entwickelte sich seine Mitwirkung bei der damals brandneuen "Turandot", Puccinis letzter, nachgelassener Oper. Im Oktober 1926 fand die Wiener Erstaufführung statt - und zwar in Form einer Doppelpremiere unter der Leitung des damaligen Opernchefs Franz Schalk. Die erste Besetzung waren Lotte Lehmann und Leo Slezak, die zweite Maria Nemeth und Jan Kiepura. Und dieses zweite Duo erwies sich auch als dem Werk wesentlich adäquater.
Nur wenige Abende in Wien
Kiepuras Opern-Repertoire blieb im Grunde genommen aber stets sehr klein, umfasste nur etwa zehn Rollen. Und auch seine Auftritte an der Staatsoper mit den berühmten Eskapaden, wie z. B. dem Singen auf dem Dach eines Taxis oder Schlager-Zugaben auf der Bühne nach Schluss der Vorstellungen und Ähnliches wirkte vor allem in den ebenso enthusiastischen wie liebevollen Erzählungen von Marcel Prawy oft so, als wären das quasi obligate Selbstverständlichkeiten gewesen.
Das waren sie jedoch keineswegs, denn Kiepura hat pro Spielzeit in Wien leider nur wenige Vorstellungen gesungen, oft nur zwei oder drei. Aber da fügte er sich dann natürlich der Erwartungshaltung seiner glühenden Fans.
Film und internationale Gastspiele
Ab den 1930er Jahren hat Jan Kiepura sein Betätigungsfeld schließlich immer mehr zum Film verlegt. Und dabei hat er auch seine Frau Martha Eggerth kennen gelernt. Die Oper ganz aufzugeben, daran hat er - zumindest damals - aber noch nicht gedacht. So finden sich in seinem Auftrittsverzeichnis also immer wieder die berühmtesten Opernhäuser der Welt:
1927 feierte man ihn am Covent Garden, im Jahr darauf in Paris, 1929 hat er an der Scala sogar in einer Uraufführung mitgewirkt. Ebenso gastierte er in Berlin, am Teatro Colon, in Rio und in Chicago.
Met-Debüt 1938
Und als die politischen Umstände es erzwangen, fand er schließlich in den USA eine neue Heimat. Am 10. Februar 1938 debütierte Jan Kiepura an der Metropolitan Opera in New York.
Doch während ihn das Publikum wie gewohnt umjubelte, zeigte sich die Presse eher zwiespältig. So bezeichnete ihn etwa der Kritiker Irving Kolodin als einen "mehr als nur normal eitel-selbstgefälligen Tenor mit einer harten, unsinnlichen Stimme."
Eine Weiterentwicklung
Livemitschnitte aus dieser Zeit zeigen jedoch, dass der 1902 geborene polnische Bäckersohn und spätere Jus-Student seit seinem Debüt 1924 in Lemberg als Faust im Laufe der Jahre doch sehr viel dazugelernt hat.
So u. a. auch bei Studien in Italien, die es ihm letztlich ermöglichten, seine so individuelle Persönlichkeit durchaus auch den strengen Gesetzen des Belcanto unterzuordnen.
1943: Ende mit Oper, Ambitionen als Broadway-Star
Dennoch: mit nur 41 Jahren, fasste Kiepura in Absprache mit seiner Frau einen für seine Umgebung zunächst unfassbaren Entschluss: nie wieder wollte er Oper singen. Der Broadway war es, der es ihm plötzlich angetan hatte - er wollte nun ein großer Broadway-Star werden.
Dieses Vorhaben glückte ihm jedoch nur bedingt. Aber immerhin trat er rund drei Jahre in einer Broadway-Inszenierung der "Lustigen Witwe" auf.
Rückkehr ins Nachkriegs-Europa
Nach dem Krieg kam er auch wieder nach Europa zurück, drehte Filme, absolvierte Operetten-Tourneen und war dabei zusammen mit Martha Eggerth u. a. am Wiener Raimund-Theater zu erleben. Seine ganz große Zeit jedoch war damals zweifellos schon vorbei.
Am 15. August 1966 ist Jan Kiepura in New York ganz plötzlich an einer Herzattacke gestorben. Seine letzte Ruhestätte fand er in seiner polnischen Heimat.
Hör-Tipp
Apropos Operette, Dienstag, 15. August 2006, 15:06 Uhr
Links
Wikipedia - Jan Kiepura
Teatr Wielki - Polish National Opera
Wiener Staatsoper
Metropolitan