Den Touristen-Entführern auf der Spur

Durch den wilden Jemen

Der Jemen ist für viele ein faszinierendes Land: Einstmals soll dort die Königin von Saba residiert haben. Wer sich auf die Suche nach ihrem Palast macht, könnte allerdings - wie zahlreiche Touristen aus Europa - zum Opfer einer Entführung werden.

Der Ex-Gouverneur der Provinz Ma'Rib zu den Entführungen

Seit mehr als einem Jahrzehnt dauert im Jemen nun schon der blutige Streit zwischen Stammesrecht und Staatsrecht an. Während die Behörden des Landes gegenüber militanten islamistischen Oranisationen hart durchgreifen und drastische Strafen gegen deren Anführer verhängen, werden auf Seiten der Stammesführer in oft verzweifelten Aktionen Geiseln als Druckmittel eingesetzt.

Willkommen im wilden Jemen

Es ist der Traum vieler Touristen, einmal den märchenhaften Palast der Königin von Saba zu entdecken. Erotisch, schön und unermesslich reich soll die Herrscherin über die antike Weihrauchstraße im Jemen gewesen sein. Archäologen hatten in Sirwah, rund 40 Kilometer westlich des jemenitischen Wüstenstädtchens Ma’Rib, die versunkenen Reste ihres Stammsitzes entdeckt.

Ein paar Jahre lang konnte man sich durch einen Besuch dieser Kultstätten diesen Traum erfüllen, bis ausgerechnet dort um die Jahreswende 2005/2006 immer wieder Touristen entführt wurden. Seitdem ist ein Aufenthalt in Sirwah von besonderen, nur schwer zu erhaltenden Genehmigungen abhängig. Es gibt allerdings Schleichwege für Abenteurer, denn die Straßensperren der Militärs sind durch einen zweitägigen Kamelritt durch die Wüste zu umgehen.

Der Kampf um Macht und Mittel

Seit Jahrzehnten streiten sich Stammesfürsten untereinander und mit der demokratisch gewählten Zentralregierung um Macht und Mittel. Einnahmen aus der Erdölförderung haben in dem schroffen Berg- und Wüstenreich an der Südspitze der Arabischen Halbinsel in den letzten Jahren zu einem bescheidenen Wohlstand geführt.

Eines der jemenitischen Erdölzentren liegt in der Nähe von Ma’Rib in der Mitte des Landes. In dieses armselige Wüstenkaff zieht es immer wieder Touristen, weil in seiner Umgebung Tempel, Städte und Staumauern aus der Zeit der Sagen umwobenen Königin von Saba ausgegraben werden. Dies änderte sich jedoch schlagartig, als dort in den vergangenen Monaten acht Italiener, zwei Österreicher und zwei Schweizer von einigen dort ansässigen Stämmen gekidnappt wurden.

Gründe und Folgen der Entführungen

Die Stammeskrieger wollten mit ihren Geiselnahmen nach eigenen Aussagen kein Lösegeld erpressen, sondern in erster Linie verhaftete Stammesangehörige frei bekommen. Sie wollten auch auf Ungerechtigkeiten bei der Behandlung der Stämme durch die Zentralregierung hinweisen und stärker an den Erdöleinnahmen beteiligt werden.

Die Regierung ihrerseits versucht seither, mit schwer bewaffneten Militär- und Polizeiposten und drakonischen Strafen die Lage wieder in den Griff zu bekommen. Einige der Kidnapper der Anfang des Jahres befreiten italienischen Touristen sollen demnächst verurteilt werden. Sie erwartet die Todesstrafe. Das soll Nachahmer abschrecken. Kritiker befürchten jedoch, dass die "Politik der harten Hand" die Stammeskrieger in das terroristische Lager abdrängen könnte.

Hör-Tipp
Journal Panorama, Montag, 7. August 2006, 18:25 Uhr

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Link
Wikipedia - Jemen