Ungekannte Dimensionen
RSO Wien spielt Mahler
Im März spielt das ORF Radio-Symphonieorchester Wien mit Chefdirigent Bertrand de Billy sowohl die 8. Symphonie von Gustav Mahler als auch, als einen gebündelten Auftakt zum Mahler-Jubiläumsjahr, in mehreren Konzerten Mahlers 9. Symphonie.
27. April 2017, 15:40
"Langsam und ohne Glockenzeichen" mussten die Straßenbahnen am Abend des 12. September 1910 an der Münchner Musikfesthalle auf Wunsch des Komponisten vorbeifahren, um die Musik drinnen nicht zu stören: Auf dem Programm stand aber nicht ein besonders fragiles, kleinbesetztes, durchwegs leises Werk, sondern die Uraufführung der riesigen, voluminösen 8. Symphonie von Gustav Mahler.
Diese Uraufführung sollte Gustav Mahler den größten Erfolg zu Lebzeiten bescheren. Wenige Monate zuvor hatte der Komponist selbst an der Aufführbarkeit des Monumentalwerkes gezweifelt: "Es sind nicht mehr menschliche Stimmen, sondern Planeten und Sonnen, welche kreisen", schrieb er. Der Beiname "Symphonie der Tausend", den Mahler verabscheute, beschrieb bis dahin ungekannte Dimensionen: drei Chöre, insgesamt 850 Sänger/innen, 170 Orchestermusiker/innen, acht Solist/innen. Die Proben fanden in München und Leipzig statt.
Höchste Genauigkeit
Mahler bestand auf höchster Genauigkeit und drohte, er werde das Konzert absagen, "wenn nicht alle künstlerischen Bedingungen zufriedenstellend sind". Deswegen kämpfte er auch um das schweigende Mitspiel der Straßenbahnen, um auch die Welt draußen noch nach den Notwendigkeiten seiner Musik dirigieren zu können.
Im März spielt das ORF Radio-Symphonieorchester Wien mit Chefdirigent Bertrand de Billy sowohl diese 8. Symphonie - zweimal im Wiener Konzerthaus - als auch, gewissermaßen als einen gebündelten Auftakt zum Mahler-Jubiläumsjahr (150. Geburtstag 2010 sowie 100. Todestag 2011), in mehreren Konzerten Mahlers 9. Symphonie.
Mahlers Abschied
2003 hat das RSO Wien begonnen, die symphonischen Welten Mahlers mit Bertrand de Billy neu zu entdecken. Der Zyklus geht heuer mit diesen hier beschriebenen Konzertserien zu Ende. In seiner 9. Symphonie - der letzten, die er vollendet hat, der ersten, deren Uraufführung er nicht mehr erlebte - hat Mahler zwischen 1908 und 1909 eine Welt errichtet, von der er sich gleichzeitig voller Schmerz verabschiedete.
Alban Berg schrieb 1912, ein Jahr nach Mahlers Tod, im Jahr der Uraufführung, an seine Frau: "Ich habe wieder einmal die IX. Mahler-Symphonie durchgespielt. Es ist der Ausdruck einer unerhörten Liebe zu dieser Erde, die Sehnsucht, in Frieden auf ihr zu leben, sie, die Natur, noch auszugießen bis in ihre tiefsten Tiefen - bevor der Tod kommt. Denn er ist unaufhaltsam."
Hör-Tipps
Aus dem Konzertsaal, Gustav Mahler, 8. Symphonie, Freitag, 9. April 2010, 19:30 Uhr
Das Mahler-Jahr wird in Ö1 mehrere Höhepunkte bieten, zum Beispiel am Sonntag, 4. April 2010 in der Matinee um 11:03 Uhr die 2. Symphonie (Auferstehungssymphonie) mit dem Königlichen Concertgebouw Orchester unter Mariss Jansons. Im Juli beginnt Otto Brusatti eine elfteilige sonntägliche Reihe über Mahlers symphonisches Schaffen, die sich bis zum Mai 2011 erstrecken wird.
Veranstaltungs-Tipps
Gustav Mahler, 9. Symphonie, 15. und 16. März 2010, RSO Wien, Bertrand de Billy, Grazer Musikverein
Gustav Mahler, 9. Symphonie, 18. März 2010, RSO Wien, Bertrand de Billy, Wiener Musikverein
Gustav Mahler, 8. Symphonie, 25. und 27. März 2010, RSO Wien, Bertrand de Billy, Wiener Konzerthaus
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