Zurück zu den "schönen Künsten"
Die Rückkehr der Schönheit
Die ersten Überlegungen vom notwendigen Stellenwert des Hässlichen in der Kunst gab es schon im 19. Jahrhundert. Man war überzeugt, dass ein gewisses Maß an Abstoßendem eine ästhetische Vollendung überhaupt erst möglich machte.
8. April 2017, 21:58
In der Kunst des 19. Jahrhunderts war man bestrebt, die Wirklichkeit abzubilden. Und diese war nicht schön, in den Zeiten der Urbanisierung, Technisierung und Industrialisierung. Ein großer Teil der Menschen litt, und die Kunst war Abbild des Leidens.
Abkehr von der Darstellung des Schönen
Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts wandte sich Pablo Picasso nichtwestlichen künstlerischen Traditionen zu, um gebräuchliche Genres wie Porträt, Landschaft und Stilleben neu zu deuten. Andere Künstler brachten die Aufwertung der Maschinen und das neue technische Zeitalter in ihre Kunst ein.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es Strömungen, die sich gegen die Verdrängung der Gräueltaten der Vernichtung richteten. Sie wetterten gegen die Darstellungen des Glücks und der Lieblichkeit, die sie als Lüge empfanden. Beispiele dafür sind Avantgarde und Aktionismus. Es widerstrebte, schöne Kunst zu machen. Kunst sollte nicht schön, sondern wahr sein.
Schönheit regt zum Kauf an
In den letzten Jahrzehnten wurden Schönheit und Ästhetik zum Inbegriff der Konsumgesellschaft. Beauty sells. Im wirtschaftlichen Wettbewerb zählt nicht der Inhalt, sondern die Verpackung. Ansprechende Formen und Designs verkaufen sich besser. Es kommt zu einer Ästhetisierung der Welt. Auch dagegen wendeten sich Künstler. Kunst wäre weder Werbung noch Götzendienst, so die verständliche Auffassung.
Wiederentdeckung der Schönheit in der Kunst
Doch seit wenigen Jahren scheint die Schönheit wieder Einzug in den Künsten zu halten. Nach mehr als einem Jahrhundert der Tabuisierung. Wie sich diese Entwicklung fortsetzen wird, ob es tatsächlich zu einer Rückkehr der Schönheit kommen wird, werden die nächsten Jahre und Jahrzehnte zeigen.
Vielleicht wird man mit zeitlicher Distanz die Ästhetik der Kunst des 20. Jahrhunderts anders bewerten. Schließlich wurde im 19. Jahrhundert den ersten Impressionisten auch vorgeworfen, sie hätten mit ihren Werken der Schönheit den Krieg erklärt. Ein von heutiger Perspektive her unvorstellbarer Vorwurf. Denn Impressionismus gilt heute als Inbegriff der Schönheit.
Hör-Tipp
Salzburger Nachtstudio, Mittwoch, 2. August 2006, 21:01 Uhr
Download-Tipp
Ö1 Club-DownloadabonnentInnen können die Sendung nach der Ausstrahlung 30 Tage lang im Download-Bereich herunterladen.