Urlaub mit dem Lieblingsbuch
Romane als Reiseführer
Die einen reisen, um sich zu entspannen. Andere sind im Urlaub in Sachen Literatur unterwegs. Statt eines Reiseführers klemmen sie sich das Lieblingsbuch unter den Arm und begeben sich auf Spurensuche nach Geburtsort und Originalschauplatz.
8. April 2017, 21:58
Spurensuche an der Isonzo-Front
Elke Johnson ist extra aus den USA angereist, um sich auf ihre literarische Spurensuche zu begeben. Die Exilösterreicherin aus Wisconsin hat sich vor der Abreise die Urlaubsroute genau zurechtgelegt. Es ging nach Slowenien und in die italienische Provinz Friaul, dort hin, wo im 1. Weltkrieg die Isonzo-Front verlief.
Im Reisegepäck hatte sie "In einem anderen Land", den 1929 erschienenen Roman von Ernest Hemingway, in dem der Autor seine Erfahrungen als Sanitäter an der Front literarisch verarbeitete.
Literaturtouristen unterwegs
Nächste Station war Triest, wo Elke Johnson dem Autor James Joyce nachspürte. Der irische Dichter verbrachte 16 Jahre in der Stadt, in der er an seinem Roman "Ulysses" zu schreiben begann. Heute erinnert ein eigener Joyce-Weg an diese Zeit. Der Weg führt vom Joyce-Museum zum ehemaligen Wohnhaus, vorbei an einer erst kürzlich aufgestellten Joyce-Statue hin zum ehemaligen Arbeitsplatz, der Berlitz-Sprachschule.
An Literaturtouristen mangle es nicht in der Stadt, meint Elke Johnson. Im Caffè Tommaseo, dem auch von Joyce häufig frequentierten multikulturellen Treffpunkt, las sie - wie viele andere - aus dem "Ulysses".
Schauplätze der Weltliteratur
"Die einen kommen aus Nostalgie, die anderen aus Neugier", meint ein hauptberuflicher Literaturtourist, der Autor Dietmar Grieser. Die besondere Faszination des Literaturtourismus besteht für ihn darin, mehr über die Entstehungsgeschichte eines Werkes zu erfahren: "Man kommt in den statu nascendi eines Buches hinein, man erlebt sozusagen die Geburtsstunde nach."
Seine Erlebnisse auf den Reisen zu literarischen Orten hat Dietmar Grieser in zahlreichen Büchern verarbeitet. Am bekanntesten ist sein Bestseller aus den 70er Jahren, "Schauplätze der Weltliteratur". Begonnen hat Dietmar Griesers Karriere als literarischer Spurensucher vor über 35 Jahren mit einer Reise nach Peru, an die Geburtsstätte von Thornton Wilders Roman "Die Brücke von San Luis Rey".
Tatort gestreift
"Es hat ein bisschen mit Magie zu tun, dass man glaubt, den Dingen dadurch näher zu kommen", meint Martina Schmidt, Programmleiterin des Deuticke Verlages. Sie selbst hat heuer mit einer Reise nach Mauritius den Schauplatz ihres Lieblingsromanes, "Jenseits von Afrika" von Karen Blixen, zumindest gestreift.
"Zu mehr fehlt mir der Mut", meint Martina Schmidt: "Es wäre wie eine Entzauberung. Ich glaube ja letztendlich doch, dass das Orte unserer Sehnsucht und unserer Träume sind und keine real existierenden!"
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Moment, Montag, 31. Juli 2006, 17:09 Uhr
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Links
Wikipedia - Isonzo
Wikipedia - James Joyce
Dietmar Grieser
Zsolnay und Deuticke
Caffè Thomaseo