Wie es dazu kam

Der Spanische Bürgerkrieg

Wer sich in diesem Jahr, in dem sich der Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs zum 70. Mal jährt, sachkundig informieren will, ist mit Antony Beevors Buch bestens bedient. Er versteht es meisterhaft, die ganze politische Verwicklung auszubreiten.

Abgesehen von den sozusagen "üblichen" Grausamkeit und der Gewalt eines Bürgerkriegs, war Spanien ein internationaler Schauplatz: Das "Viva la muerte" der Rechten wie das "No pasaran" der Linken fanden Eingang in den internationalen Sprachgebrauch politischer Rhetorik.

Spanien war ein Kriegsschauplatz, an dem Großmächte wie Nazideutschland, die Sowjetunion und das faschistische Italien nicht nur militärische Strategien und neueste Waffentechnologien ausprobierten, auf den Schlachtfeldern des Bürgerkriegs - so der Common sense - trafen vor allem Freiheit und Diktatur aufeinander.

Trotz ganzer Bibliotheken zum Thema, gelingt es dem britischen Star-Historiker Antony Beevor, dem herausragenden Ereignis des europäischen Weltbürgerkriegs in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts neue Facetten abzugewinnen.

Zweite Republik

Nach dem Rücktritt von König Alfonso XIII. im Jahre 1930 war am 14. April 1931 die Zweite Spanische Republik ausgerufen worden. Und diese Republik sah sich sogleich vor enorme Probleme gestellt: Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts war ob der ungeheuren Armut des Landes eine halbe Million Spanier ausgewandert, 64 Prozent der Bevölkerung waren Analphabeten, zwei Drittel der Bevölkerung arbeiteten in der Landwirtschaft. Das Land war zu modernisieren.

Neue Verfassungsbestimmungen wie "Spanien ist eine demokratische Republik der Werktätigen aller Klassen" rief allerdings sogleich die traditionellen Eliten auf den Plan. Da war einmal die Kirche: Nach der laizistisch motivierten Auflösung der kirchlichen Orden standen 150.000 Priester sozusagen auf der Straße - und das in einem Land, in dem die Kirchenoberen noch immer behaupten konnten: "Man ist Katholik oder man ist gar nichts."

Die Großgrundbesitzer widersetzten sich allen Ansätzen einer Bodenreform. Die Dritten im Bunde als Hüter eines wahren Spanien waren die Militärs.

Der rechte Zeitpunkt für Franco

Der rasch erstarkten Linken gingen die Reformen zu langsam: als eine Mitte-Links-Volksfrontregierung bei den Wahlen vom 16. Februar 1936 die Mehrheit erreichte, sollten neue Reformschritte unternommen werden. Zünglein an der Waage waren die Anarchisten - die radikal rechte Falange hatte nur 46.000 der zehn Millionen Wählerstimmen bekommen. Für die Militärs um Franco war dennoch der Zeitpunkt für die "Rettung Spaniens" vor dem Bolschewismus gekommen.

Ein republikanischer Zimmermann aus Sevilla erinnert sich später an den Juli 1936:

Die Behörden der Republik waren nicht bereit, uns Waffen zu geben (...), weil sie die Arbeiter mehr fürchtete als die Armee.

Gut gewappnet

Anders verhält es sich im Lager der aufständischen Nationalisten: Nicht nur Franco selbst, auch dessen Soldaten setzen mit deutscher Hilfe aufs spanische Festland über: Seine cirka 130.000 - großteils kampferprobten - aufständischen Soldaten bekommen bald deutsche sowie italienische Unterstützung, sowohl an Mannschaften wie an Material. Der Generalisssimo und Caudillo (der Führer) Franco ist also gut gewappnet.

Die Streitkräfte der Republik besteht aus 90.000 Mann, die höchst idealistischen und mehrheitlich unausgebildeten Interbrigadisten mitgerechnet. Und die in ihren Auswirkungen recht uneindeutige Unerstützung von Seiten Stalins lässt ohnedies noch eine Weile auf sich warten.

Klare Darstellung der Vorgänge

Antony Beevor versteht es nicht nur meisterhaft, die ganze politische Verwicklung des Bürgerkriegs auszubreiten: Im Gestrüpp der Parteien "Union Republicana" über die IR, die "Izquierda Republicana" des Regierungschefs Azanas, bis zur spanischen KP und der als trotzkistisch verpönten POUM samt ihren syndikalistischen Verbündeten und regionalen Splittergruppen muss man sich erst einmal orientieren, bevor man zur franquistischen Gegenseite mit den Monarchisten, Karlisten, und der Falange gelangt.

Es ist vor allem Beevors klarer Darstellung der militärischen Vorgänge geschuldet, das ein atemberaubendes Bild des Krieges erzeugt: von der verzögerten Belagerung Madrids über die großen Schlachten am Jarama und Guadalajara, sowie den Ebroschlachten bis zum endgültigen Fall Kataloniens, wohin sich die republikanische Regierung zuletzt zurückgezogen hatte. Ein besonderes Anliegen ist Beevor der moderne, ideologische extrem aufgeladene Charakter des Ganzen:

Der Spanische Büregerkrieg ist häufig als ein Konflikt zwischen Links und Rechts dargestellt worden. Das ist eine irreführende Vereinfachung. Denn hier kommen zwei Konfliktachsen ins Spiel: der Zentralstaat gegen regionale Selbständigkeitsbestrebungen und ein autoritäres Regime gegen die Freiheit des Individuums.

Mehr zum Spanischen Bürgerkrieg in oe1.ORF.at und in science.ORF.at

Hör-Tipp
Kontext, jeden Freitag, 9:05 Uhr

Download-Tipp
Ö1 Club-DownloadabonenntInnen können die Sendung nach der Ausstrahlung 30 Tage lang im Download-Bereich herunterladen.

Buch-Tipp
Antony Beevor, "Der Spanische Bürgerkrieg", aus dem Englischen übertragen von Michael Bayer u. a., Bertelsmann Verlag, ISBN 3570009246