Jacob Stickelberger

8. April 2017, 21:58

Der Troubadour und sein größter Hit

In der Schweiz ist er nicht nur in seinem Brotberuf als Rechtsanwalt bekannt, sondern vor allem als Liedermacher: Jacob Stickelberger, 1940 geboren, ist in den 1960er Jahren das erste Mal mit den "Berner Troubadours" aufgetreten. 2005 erschien sein bisher jüngstes Werk, "Ds schönschte Lied".

Ohne den Schweizer Chansonsänger Mani Matter wäre Jacob Stickelberger wahrscheinlich kein Troubadour geworden: Mani Matter ist in der Schweiz eine Ikone - seine Lieder werden in Schulen eingeübt, sein Werk gehört zum Populärsten im schwyzerdütschen Liedgut. Mani Matter war auch Jurist, arbeitete als Rechtskonsulent der Stadt Bern und Privatdozent an der Universität Bern.

Der Vater des schweizerdeutschen Chansons

"Er hat eigentlich mit den Berner Troubadours das schweizerdeutsche Chanson kreiert", erklärt Stickelberger. "Das kam von Frankreich rüber, Bern liegt ja an der französischen Sprachgrenze. Wir alle wurden von George Brassens stark beeinflusst. Ich kenne niemanden, der gesagt hätte: Ich kann mit Mani Matter nicht viel anfangen. Er wäre eigentlich ein weltberühmter Chansonier, wenn er nicht schweizerdeutsch gesungen hätte."

Nach dem tragischen Unfalltod Mani Matters im November 1972 sind Fritz Widmer und Jacob Stickelberger bis 1974 mit einer von Mani Matter verfassten Kriminalgeschichte und eigenen Chansons aufgetreten. Später trat Stickelberger auch alleine auf, aber wegen seiner erfolgreichen Anwaltslaufbahn hat er in den Jahren 1985 bis 2000 wenig Zeit, sich um Chansons und Auftritte zu kümmern.

Verhinderter Journalist

Bevor er Anwalt wurde, hat es Jacob Stickelberger mit einem anderen Beruf versucht, in dem die Hauptbeschäftigung auch der Umgang mit Worten ist: mit dem Journalismus, allerdings hat ihn dieser gelangweilt.

"Das war nicht das Prinzipielle, sondern ich hatte einen furchtbaren Vorgesetzten", erläutert er. "Ich musste Unglücksfälle und Verbrechen redigieren und er hat es noch einmal zurückredigiert. Dann hab ich gesagt: Nein, ich habe nicht zehn Jahre studiert, um Unglücksfälle und Verbrechen zu redigieren, dass der dann das seinerseits wieder korrigiert."

Bis zum bitteren Ende

Der Schweizer Schriftsteller, Kabarettist und Liedermacher Franz Hohler schrieb über den "Troubadour" schon vor Jahren: "Jacob Stickelberger ist Rechtsanwalt und als solcher mit den Ränken und Krümmungen menschlichen Denkvermögens eng vertraut. Die Hauptpersonen seiner Lieder müssen sich denn auch häufig durch wahre Labyrinthe von Überlegungen oder Handlungen zwängen, bevor die Sache dann doch ein schlechtes Ende nimmt, ähnlich wie im Prozesswesen."

"Lied und Plädoyer sind ähnlich", betont Stickelberger. "Bei Chansons müssen sie in zweieinhalb Minuten ihrem Gegenüber ein Thema beliebt machen, sodass sie sofort interessiert hinhören. Das halte ich für eine Kunst. Bei einem Plädoyer ist das genau dasselbe. Wenn man etwas in Gerichtssachen vorträgt, muss man so sprechen, dass ein Richter interessiert ist und sich nicht gleich angewidert abwendet."

Kein Vertrauen in die Kommunikation

Hundertprozentig ist sein Vertrauen in die menschliche Kommunikation nicht: "Ich bin der Meinung, dass wir uns nie ganz verstehen. Jeden Satz verstehen wir uns gegenseitig miss. Es ist nur eine Frage der Annäherung - wie stark wir uns annähern, sodass wir uns fast ganz verstehen. Aber leider nie ganz. Mani Matter hat es zustande gebracht, beinahe ganz verstanden zu werden."

In seinen Chansons nimmt sich Jacob Stickelberger verschiedenster Themen an, ob es sich um die Liebe oder das Leben an sich handelt, und auch als Anwalt hat er mit Strafrecht genauso zu tun, wie mit Ehe-, Urheber- oder Wirtschaftsrecht. Und so kennt er viele Arten die Welt zu betrachten.