Warum ausgerechnet elf? - Teil 1
Der Ursprung der Fußballregeln
Dass eine Fußballmannschaft ausgerechnet aus elf Spielern besteht, gilt heute als selbstverständlich. Die Geschichtsschreiber haben sich aber mit der Entstehung der Regeln dieses Sports kaum beschäftigt. Und zur Elf findet sich - nichts.
8. April 2017, 21:58
Die Größe des Spielfelds, die Ausmaße der Tore, die Aufteilung der Mannschaft in Torwart, Abwehr, Mittelfeld und Angriff: all dies ist außerhalb jeder Diskussion. Und die Anzahl der Spieler ist so unangefochten wie der Umstand, dass Leichtathleten stets links herum laufen - wo sie doch, dies nur nebenbei, bei den Olympischen Spielen 1896 in Athen noch nach rechts rannten.
Ist der Fußball also inzwischen eine Naturkonstante? Die Geschichtsschreiber haben sich jedenfalls mit der Entstehung der Regeln dieses Sports kaum beschäftigt. Und zur Elf findet sich - nichts.
Natürlich ist dafür auch die lausige Quellenlage verantwortlich. Denn die "Gesetzestafeln des Fußballs" (Laws of the Game) - jene vierzehn Ur-Regeln, die im Dezember 1863 in London von der im gleichen Jahr gegründeten Football Association (FA) festgelegt wurden - schweigen sich über die Spielerzahl aus.
Ohnehin finden sich kaum Anhaltspunkte für numerische Gesetzmäßigkeiten. Zwar schimmert das Dezimalsystem durch - die Länge des Spielfeld betrug maximal 200 Yards, die Breite maximal 100 Yards. Auch der Mindestabstand bei Anstoß und Freistoß war damals schon zehn Yards (9,15 Meter).
Davon abweichend, betrug die Entfernung zwischen den beiden Torpfosten jedoch die bis heute maßgeblichen acht Yards (7,32 Meter). Die acht Fuß (2,44 Meter) für die Höhe des Tores wurden erst später hinzugefügt. Erst der 1886 entstandene International Football Association Board (IFAB), der bis heute über die Regeln des Fußballs wacht, legte die Anzahl der Spieler definitiv fest. "The game should be played by 11 players on each side", heißt es seit dem 14. Juni 1897 in den international gültigen Fußballregeln.
Dass die Zahl Elf anno 1863 noch nicht auftaucht, lässt sich erklären. Als Hauptgrund gilt der schwere Konflikt, der auch nach der Gründung der FA zwischen den Fraktionen aus Rugby und der Universität Cambridge weiterschwelte: Energisch versuchten beide Fußballschulen, ihre Regeln durchzusetzen.
Erst mit der Zeit setzten die Verfechter der Cambridge-Regeln das Verbot brutalen Tretens nach dem Gegner (hacking) sowie das Berühren des Balles mit der Hand durch. Um 1870 war dann klar, dass es zwischen Rugby, das fünfzehn Spieler pro Partei vorsah, und dem so genannten Association Football keinen Kompromiss mehr geben würde.
Argumentiert wird ferner, die schriftliche Festlegung auf elf Spieler sei überflüssig gewesen, weil in der Praxis bereits überwiegend so verfahren wurde. In der Tat sind für Sheffield bereits vor 1863 siebzehn Klubs nachgewiesen, die elf gegen elf spielen ließen.
Eine Fußballmannschaft wurde in der englischen Sportsprache um 1860 für gewöhnlich als "Eleven" bezeichnet. Sogar dann, wenn, wie im Fall des ersten nach offiziellen FA-Regeln ausgetragenen Spiels zwischen den Teams aus Harrow und Cambridge, 1864 in Wirklichkeit elf gegen vierzehn Akteure antraten.
Schriftlich verbürgt ist das "eleven-a-side"-Prinzip zum ersten Mal im Jahre 1841 für ein Spiel an der Eliteschule in Eton. Englische Fußballforscher nehmen deshalb an, dass Cambridge, maßgebliche Triebfeder bei der Schaffung der Regeln, diese Vorgabe einfach übernahm. Warum man aber in Eton elf gegen elf spielte, verschweigen die Quellen.
Dieser Text entstammt einer Kooperation mit "Anstoss", der Zeitschrift des Kunst- und Kulturprogramms zur FIFA WM 2006; ein Projekt von André Heller.
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