Zarte Lieder

8. April 2017, 21:58

Ani DiFranco mit "Paradigm"

Sie ist nicht irgendeine beliebige amerikanische Popmusikerin, sie ist Ani DiFranco, exzellente Sängerin, Innovatorin und Komponistin, zudem ist sie jemand, die vor Energie beinahe explodiert. Dabei ist DiFranco aber auch mit sensibler, konzentrierter Gespanntheit bei der Sache, sodass man sich nicht wundern würde, wenn ein kleiner Schrecken oder eine Störung sie in tausend Stücke zerspringen lassen würde.

Ani DiFranco ist jedenfalls jemand, dem man zuhören möchte, egal ob man dabei ihren Gesang, ihr exzellentes Gitarrespiel oder ihre umwerfenden Arrangements bevorzugt. Seit sie die Bühne betreten hat - und das ist, obwohl sie noch ziemlich jung ist - schon viele Jahre her, ist der Folk nicht mehr dass, was er einmal war oder einmal zu sein vorgab, nämlich eine gemächliche Idylle in der höchstens Mal der Hund krank wird. Ani DiFranco hat Folk raffinierter gemacht, rotziger, politischer.

Politische Enge, freche Texte

Wäre da nicht die Bush Familie, man könnte direkt neidisch werden auf Amerika. Ist es die Freiheit, die emanzipierte Frauen hervorbringt, die einfach reden ohne gefragt zu werden, oder ist es einfach nur das amerikanische Englisch, dass Texte möglich macht, die bei uns nur schwer vorstellbar wären und das nicht nur wegen der politischen Enge?

"Alles was ich verloren habe auf dem Weg zur Kirche, alles was ich verloren habe auf dem Weg zur Schule", singt die rotzige Punk Elfe Ani in ihrer wütenden Verteidigung der Hoffnungen und Träume der Immigranten in ihrem Song "Paradigm" auf ihrem bislang letzten Album "Knuckle down" - auf Deutsch etwa: Sich reinknien.

Und reingekniet hat sich Ani DiFranco: Die Italo-Amerikanerin wurde 1970 als Angela Marie DiFranco in Buffalo, New York geboren. Bereits mit 18 Jahren gründete sie mit 50 Dollar ihre eigene Plattenfirma, Righteous Babe Records, bei der sie mittlerweile über 20 Alben aufgenommen hat.

Natürlich ist Ani DiFranco ein Star in den USA, auch wenn sie sich kein Blatt vor dem Mund nimmt und Musik macht, die sicher nicht jedermanns Sache ist.

Folk, Punk und Funk

Ihre Musik, von ihr selbst als Folkpunk tituliert, bewegte sich im Laufe ihrer Karriere hin zu diversen anderen Stilen. Ab Ende der 1990erJahre hat sie verstärkt funkige Elemente einfließen lassen. Neben der klassischen Bandbesetzung Bass, Gitarre, Schlagzeug arbeitet sie regelmäßig mit Blasinstrumenten und Streichern.

Natürlich blieb die Zusammenarbeit mit großen Namen nicht nur der Independent Szene nicht aus, Prince und Maceo Parker arbeiteten mit ihr zusammen und so geben sich nun Funk und Rap auf ihren Alben ein wohlfeiles Stelldichein. "Wer hat gesagt das Folk und Hip-Hop nicht zusammenpassen", rapt ein milde gestimmter Corey Parker im Song "Swing" am Album "To the Teeth".

DiFranco wurde durch ihr persönliches Image schnell in einer bestimmten Szene populär, besonders unter politisch interessierten College-Studenten und anderen jungen Menschen, die der Mainstream-Kultur kritisch gegenüberstanden.

Die ersten Fanseiten im Internet, in den fleißig alle ihre Songtexte und Tratsch aller Art über sie gesammelt wurden, gab es schon 1994. DiFranco wurde auch ohne Unterstützung eines Major-Labels und der Mainstream-Presse bekannt, das geschah geradezu altmodisch durch ein Netzwerk persönlicher Kontakte und Mund-zu-Mund-Propaganda begeisterter Fans.

Es sind vor allem ihre Texte und die Lebenseinstellung, die als Identifikation für nachdenklichere junge Menschen in Frage kommt.