Ein Hauch des Westens bei den Franziskanern
Operette, Musical und deren tiefere Bedeutung
"Das Musical ist eine Theaterproduktion, die aus Live-Darbietungen in den Bereichen Schauspiel, Tanz, Gesang und Musik besteht", so lautet eine Definition dieses Genres. Im ehemaligen sozialistischen Jugoslawien hatte es aber noch andere Bedeutungen.
8. April 2017, 21:58
Für das Städtische Theater "Komedija" (Komödie) in Zagreb ist sein Emblem - zwei altgriechischen Masken, eine weinende und eine lächelnde - mehr als Programm. Denn von Anfang an ist in diesem Theater alles ein Versuch, auf den ersten Blick aus nicht zusammengesetzten Erscheinungen eine Symbiose zu formen. Hier geht es nicht nur um "eine Darstellung von dem Antlitz und der Kehrseite der Wirklichkeit, die manchmal traurig und manchmal fröhlich ihre Seiten zeigen und die komischen Elemente mit den tragischen vermischen und eine untrennbare Verbundenheit zeigen", wie die Web-Seite des Theaters erläutert.
Das Theatergebäude befindet sich innerhalb des Seminars der Franziskaner und mit einer Seite lehnt es sich an die schöne Franziskanerkirche. Schon lange, bevor nach dem Zweiten Weltkrieg ein Theater einzog, spielten hier Seminaristen ihre Mysterien- und Passionsspiele. Dann drangen in diese gelehrte Welt schließlich die Schauspieler und Sänger ein.
Erfolg mit Operette
Es fing mit Kabarett an und kurz darauf gründete die Stadt Zagreb ein Theater im Stil der Wiener Operette. Das ist ein Wunder, weil die Operette in den "ernsthaften", früheren kommunistischen Zeiten kein großes Ansehen genoss. Sie erinnerte "die Genossen" zu stark an das dekadente Wiener Bürgertum und an die Monarchie. Das Theater wurde mit Franz Lehars "Das Land des Lächelns" am 23. Dezember 1950 eröffnet. Und seither hatte dieses Haus ununterbrochenen Erfolg.
"Komedija", wie die Bürger das Theater kurz nennen, war und ist noch immer das beliebteste Ziel der Theaterbesucher in Kroatien. Bis 2005 wurden 320 Stücke gespielt, die in 13.655 Vorstellungen von mehr als drei Millionen Zuschauern besucht wurden. Eine wichtige Information dabei ist, dass dieses Theater mit 440 Sitzplätzen ein kleines Theater ist.
Die Bedeutung des Musicals
Die Liebe der Einwohner Zagrebs zur Operette konnte man als eine Nostalgie zu monarchistischen Zeiten erklären und als ungefährlich für das sozialistische System sehen. Aber wie ist die Liebe zum Genre Musical zu deuten?
1960 startete man mit dem vorhandenen Ballett-Ensemble und Orchester mit Cole Porters "Kiss me Kate". Vielleicht wurden die "Verantwortlichen" mit diesem Sujet der Shakespeare-Komödie "Der Widerspenstigen Zähmung" beruhigt. Das Publikum strömte jedenfalls ins Theater, das mit diesem Genre einen Anklang an den Westens brachte.
Erstes jugoslawisches Musical "Jalta, Jalta"
Dieser Riesen-Erfolg ermutigte das Theater, eigene Musicals zu produzieren. Und 1969 präsentierten Komponist Alfi Kabiljo und der Schriftsteller Milan Grgic mit "Das große Rennen" das erste jugoslawische Musical. Zwei Jahre später wurde das zum größten Theatererfolg im damaligen Jugoslawien gewordene "Jalta, Jalta" dem Publikum vorgestellt. In 25 Jahren, in denen dieses Musical in gleicher Besetzung gespielt wurde, konnte man mit 534 Vorstellungen mit insgesamt 320.413 Zuschauern einen Rekord aufstellen.
Das gleiche Autoren-Tandem schrieb noch fünf weitere Werken, aber keines wurde so erfolgreich wie "Jalta, Jalta". Anstatt die "großen" Politiker, Stalin, Churchill and Roosevelt als Hauptfiguren zu nehmen, entschiedenen sich die Autoren für die Helden hinter den Kulissen der bedeutenden politischen Konferenz. Die Tatsache, dass hier eine andere, leichtere Welt - und nicht wie es in der sozialistischen Kultur üblich, politisch belastete Kunstwerke - dargestellt wurde, zeigt die Wichtigkeit von Musicals für den damaligen geistigen Zustand. Dieses ständige Balancieren zwischen offizieller und "leichter" Kultur sichert dem "Komedija" in Zagreb eine spezifische Wertschätzung im Theaterleben der Stadt.
Die zwei Masken
Die zwei altgriechischen Masken, die Lachen und Weinen als untrennbar zeigen, sind noch immer im Emblem des Theaters.
Es bleibt nun abzuwarten, wie sich ihre Rollen in der heutigen kommerzialisierten Zeit in Kroatien entwickeln werden. Und es ist zu hoffen, dass die beiden Symbole weiter zusammen bleiben.
Veranstaltungs-Tipp
Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, Klassenabend Studierende von Forough Karimi-Zadeh, Flötenabend mit österreichischen Erstaufführungen von Alfi Kabiljo, Neuer Konzertsaal, Montag, 19. Juni 2006, 18:30 Uhr
Links
Kazalite Komedija
Universität für Musik und darstellende Kunst Wien