Republikanischer Abgeordnete stürzt Bush in die Krise
Sexskandal erschüttert Bush-Partei
Der Skandal um sexuelle Belästigung junger Männer durch einen republikanischen Abgeordneten hat jetzt auch die eigene Partei erreicht. US-Präsident Bush sagte, er sei "angeekelt" über das Verhalten des inzwischen zurückgetretenen Mark Foley.
8. April 2017, 21:58
Schadenfreude heißt auch auf Englisch "Schadenfreude, und genau das müssen derzeit die oppositionellen Demokraten in den USA empfinden. Nachdem ihnen vor ein paar Jahren fast ein Präsident aus dem Amt geschossen worden ist - zur Erinnerung: Bill Clinton wegen seiner Beziehung zur Praktikantin Monica Lewinsky - erleben nun die Republikaner einen Sexskandal der besonderen Art: Einer ihrer Abgeordneter, Mark Foley, schickte jahrelang an minderjährige männliche Aushilfskräfte im Repräsentantenhaus E-Mails mit eindeutig sexuellem Inhalt.
Der Skandal um die Liebesbriefe des Mark Foley hat nun die eigene Partei erreicht. Jetzt kommt auch sie und mit ihr Präsident George W. Bush in die Bredouille. Und das war sicher das letzte, was die Republikanische Partei noch gebraucht hat. Denn zu all den Schwierigkeiten, die die Regierung Bush mit den Zuständen im Irak hat, kommt nun auch noch ein veritabler Sexskandal hinzu - und das knapp vier Wochen vor den Wahlen, bei denen das Repräsentantenhaus neu gewählt und auch ein Drittel der Senatoren neu bestellt werden.
Schlimm genug, dass einer ihrer nicht unbedeutenden Abgeordneten beschuldigt wird, 16-, 17-jährige Praktikanten mit zwei- oder sogar eindeutigen E-Mails belästigt zu haben. Der Skandal bekommt dabei noch eine zusätzliche Dimension: Die Führungspersönlichkeiten der Republikaner im Repräsentantenhaus haben über diese Vorfälle bereits seit einem halben Jahr Bescheid gewusst, aber nichts dagegen unternommen: "Die Schuld liegt eindeutig auf unserer Seite", sagt Dennis Hastert, der auf österreichische Verhältnisse umgelegt in den USA die Funktion eines Parlamentspräsidenten innehat.
Und so wird aus diesem Sexskandal ein politischer, der auch Präsident George Bush schweren Schaden zufügen kann. Ein Abgeordneter, der seine homosexuellen Neigungen auch an jungen Ferienkräften auslebt - nach allem, was man bisher weiß, zumindest in schriftlicher Form - ist schon schlimm genug. Aber wenn das von der Partei tatsächlich stillschweigend geduldet worden ist, dann sind die Auswirkungen weitreichend. Die Wähler könnten sich in noch größeren Scharen von den Republikanern abwenden und so für neue Mehrheitsverhältnisse im Parlament sorgen.
Präsident Bush sieht den Ernst der Lage. Während er in Kalifornien wahlkämpft, wird er ständig mit diesem Problem konfrontiert. Er ist angewidert und enttäuscht, dass ein Abgeordneter das Vertrauen missbraucht, das Eltern in diese Institution setzen: "Sie haben jedes Recht zu erwarten, dass ihre Kinder geschützt werden. Und dass sich diese Abgeordneten verantwortungsbewusst verhalten, sollte selbstverständlich sein", sagt Bush.
Dass ein Parteikollege Dennis Hastert, der oberste Republikaner im Parlament, Mitschuld an der Angelegenheit trägt, kommt Bush aber nicht von den Lippen. Mark Foley ist bereits letzte Woche zurückgetreten. Sein Anwalt zieht jetzt die Notbremse, indem er bekannt gibt, Foley sei als junger Bub von einem Priester missbraucht worden. Nicht als Entschuldigung, aber als Erklärung für sein Verhalten soll das aufgefasst werden.
Welche Erklärung die republikanische Führung dafür abgibt, dass sie dem ungustiösen Treiben eines ihrer Mitglieder so lange zugeschaut hat, wird sich in den nächsten Tagen herausstellen - genauso wie, ob Dennis Hastert, der Bush-Vertraute, diese nächsten Tage politisch überleben wird.
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