Über den korrekten Sprachgebrauch

Brief an den künftigen Herrn Bundeskanzler

Wie wird in der künftigen Regierung die möglicherweise weibliche Ressort-Zuständige für Frauenfragen im Sinne des geschlechtsneutralen Sprachgebrauchs zu titulieren sein? "Frau Frauenminister" (wie vorgesehen) oder "Frau Frauenministerin"?

Sehr verehrter künftiger Herr Bundeskanzler,

die aktuell laufenden Regierungsbildungsverhandlungen gestalten sich kompliziert und langwierig, wie wir alle wissen.

Zu einer der absehbar schwierigsten Fragen, um die schon jetzt der politische Richtungsstreit tobt, einem "Knackpunkt" sozusagen, darf ich mir erlauben, Ihnen im Folgenden meinen aktuellen Forschungsstand in altphilologischer Hinsicht zu präsentieren, sowie hieraus auch einen Vorschlag abzuleiten, der gegebenenfalls die Regierungsbildung retten könnte.

Es geht um die Frage, wie in der künftigen Regierung die möglicherweise weibliche Ressort-Zuständige für Frauenfragen im Sinne des korrekten, geschlechtsneutralen Sprachgebrauchs zu titulieren sein wird. Ob es also wird heißen müssen: "Frau Frauenminister" (wie derzeit gesetzlich vorgesehen) oder "Frau Frauenministerin".

Ich habe bezüglich dieses Problemkreises eifrige Recherchen der verfügbaren Quellen durchgeführt und erlaube mir, wie folgt auszuführen:

Vorerst vielleicht, weil das ebenfalls ein Staatsorgan betrifft und zum Thema hinführt: "Präsident". Dieses Wort stammt von lat. praesidere - vorsitzen -, und ist das Partizipium Präsens Aktiv. Es ist als solches a priori und per se geschlechtsneutral.

Richtig muss es also heißen: Er - der Präsident. Sie - die Präsident. Ohne weitere Endungen oder anderen Firlefanz. Wie ja auch im Deutschen: der Vorsitzende, die Vorsitzende. Und nicht: die Vorsitzendein.

Völlig analog wäre übrigens der Student, resp. die Student (von lat. studere - lernen) zu gebrauchen, ebenfalls Partizipium Präsens Aktiv und ebenfalls geschlechtsneutral, wie auch im Deutschen: der Lernende, die Lernende. Nicht die Lernendein. Ebenso: der Referent, die Referent. Der Patient, die Patient. Etc. All diese Ausdrücke sind als Partizipia von vornherein geschlechtsneutral!

Durch Rückbesinnung auf diese altphilologischen Tatsachen hätte schon bisher der eine oder andere heftige Disput und manch unschöne Verrenkung in Sachen des korrekten, geschlechtsneutralen Sprachgebrauchs vermieden werden können!

Nun aber zur Frage: "Minister". Hier liegen die Dinge anders. "Minister" ist das Substantivum zu lat. ministrare - helfen - und als solches eindeutig männlich: der Helfer. Die weibliche Form dazu lt. gefestigter altphilologischer Lehrmeinung, siehe etwa Stowasser, muss lauten: Ministra.

Korrekt wären also etwa folgende Titel: Frau Frauenminstra, Frau Außenministra, Frau Bildungsministra. Etc.

Analoges gilt ja auch für Magister resp. Magistra, ein akademischer Grad, der an der Universität richtigerweise auch so verliehen wird: Herr Magister, Frau Magistra. Nicht: Frau Magisterin.

Nun könnte man dieses Problem allerdings völlig aus der Welt schaffen, und dies wäre mein bescheidener Vorschlag, wenn ich mir einen solchen erlauben darf: Statt der Titels "Minister" wird künftig der "Ministrant" benutzt. In seiner Bedeutung wäre das faktisch ident: Statt "der Helfer" resp. "die Helferin" würde es eben "der" resp. "die Helfende" heißen. Fast gleich.

Und es wäre keine weitere Endung nötig, um Geschlechtsneutralität zu gewährleisten. Wie eben bei Präsident, Referent, Student, etc. Er: der Ministrant. Sie: die Ministrant. (Wie auch im Deutschen die Helfendein offenbar unnötig ist.)

Also: Karl Heinz Grasser ist der Herr Finanzministrant, Ursula Plassnik ist die Frau Außenministrant. Elisabeth Gehrer ist Bildungsministrant. Andre Heller wird Kulturministrant, wenn er's denn wird. Doris Bures wird möglicherweise Frauenministrant. Etc. Meiner bescheidenen Ansicht nach wäre das höchst elegant.

In der Hoffnung, mit dieser kleinen Anregung gedient zu haben, verbleibe ich

mit vorzüglicher Hochachtung

Thomasius Schallerio, Altphilologe h. c.