Perspektiven auf Vögel und Menschen

Papageno & Co.

Den seltsamen menschlichen Käuzen, die von dem lebten, was ihnen auf den Leim und in die Netze ging, ist im Österreichischen Museum für Volkskunde mit „Papageno Backstage“ bis Oktober eine keineswegs nur heimatkundliche Ausstellung gewidmet.

Der Papageno ist in der Ausstellung "Papageno Backstage" eine Metapher für eine Figur, die es zur Zeit Mozarts tatsächlich gegeben hat, die in Stadt und Land allgemein bekannt war: der Vogelfänger.
Franz Grieshofer, langjähriger Direktor des Museums, hatte die Idee, zum Abschied von seinem Amt, einen erfrischenden Kontrapunkt zum offiziellen Hochkulturtrubel des Mozartjahres zu setzen:

Wie sehr der Vogelfang und Vogelhandel in der Kultur- insbesondere in der Alltagskultur des 18. und 19. Jahrhunderts verankert war, wird dadurch bewiesen, dass viele Begriffe aus diesen Berufen sich bis heute in unseren Sprachbildern erhalten haben: auf den Leim gehen - was auf eine der Fangmethoden zurück geht. Ebenso kennen wir noch sehr gut die Lockvögel oder die Galgenvögel.

Die detailreiche und mit vielen Querverweisen ausgestattete Schau zeigt eine Kulturgeschichte rund um Vogel, Vogelfänger und Vogelhändler. Die erfolgreichsten Spezialisten des Vogelfangs kamen dabei aus Imst in Tirol. Heute noch hat sich das Vogelfangen als nicht unumstrittenes Zitat alten Brauchtums im Salzkammergut erhalten.

Wie sehr Vogelfang und Vogelhandel damals in der Kultur verankert waren, zeigen viele Begriffe aus diesen Berufen, die in die Sprache eingegangen sind: "Auf den Leim gehen" verweist auf eine der damals weit verbreiteten Fangmethoden. Jemanden "umgarnen" bezieht sich ebenfalls darauf. Schließlich möchte ja auch Papageno am liebsten alle Mädchen mit seinen Netzen einfangen…"

Aber auch eine zu Beginn der europäischen Literaturgeschichte verankerten Figur signalisiert durch ihren Namen ein Nahverhältnis zum Vogelfang: Walther von der Vogelweide.

Alltag im 18. Jahrhundert
Mit der Schau wird ein Fenster geöffnet, wodurch man in wenig bekante Nebenräume des Alltags der Menschen vom 17. bis ins 19. Jahrhundert blicken kann. Der allgegenwärtige Patron der Schau ist selbstverständlich Papageno. Zur Darstellung seines Charakters und seiner unzähligen Erscheinungsformen während der mehr als 200 Jahre seines Bühnenlebens, hat das Österreichische Theatermuseum aus seinen Beständen beigetragen.

Ulrike Dembsky, Kuratorin des Theatermuseums: "Er ist ja neben dieser ganzen, sehr abgehobenen Handlung der Zauberflöte derjenige, der zwischen den Welten vermittelt. Er ist das Bindeglied zwischen dem nicht leicht verständlichen Geschehen auf der Bühne und dem einfachen Publikum des 18. Jahrhunderts. Papageno war der, der sagte, so geht's: eigentlich das Wichtigste ist gutes Essen und die Liebe.."

Mit Leim, List und Tücke
Von den listigen bis hinterlistigen Techniken seines wenig tierliebenden Berufes erzählt uns Papageno ja nicht all zu viel. Dafür schwadroniert er gerne und ausführlich von angeblichen Heldentaten, hat im entscheidenden Moment aber stets die Hosen voll. Mit der Anmut und dem Liebreiz seiner gefiederten Gefangenen will er sich Weibchen erobern. Denn, neben Essen und Trinken, zielt sein ganzer Ehrgeiz aufs Vermehren ab.

Wie allgemein bekannt Vogelfang und Vogelhandel damals waren, zeigt auch, dass Mozart in seiner Papageno-Arie "Ein Mädchen oder Weibchen…" eine Volksmelodie eines Vogelhändlers aufnahm. Samt dem dazugehörigen und seither weltberühmt gewordenen geflöteten Lockruf.

Sing- und Speisevögel aller Art waren demnach eine beinahe allgegenwärtige Selbstverständlichkeit. Mit ihrem musikalischen Repertoire waren sie so eine Art lebender iPod der armen Bevölkerung. Wie nahe sie dabei den Menschen kamen, darauf verweisen in den Sprachschatz eingegangene Formulierungen: Verliebte "turteln wie die Tauben" und "bauen ein Nest wie die Schwalben", was dann "die Spatzen von den Dächern pfeifen".

Gefiederte Boten des Unheils
Aber nicht nur zur seelischen Erbauung wurden die Vögel gehalten. Vom Steinkauz etwa glaubte man, er rufe mit seinem "kiwitt, kiwitt" die Menschen vom Leben ins Jenseits.

Dass man einem Menschen, dem man nicht traut, weil man ihm eben alles zutraut, einen Galgenvogel nennt, ist selbst heute noch nicht aus dem Sprachschatz verschwunden.

Auf recht drastische Weise wurde die Empfindsamkeit der Vögel zum Schutz der Menschen im Bergbau eingesetzt. Unzählige Vögel mussten haben durch ihren Erstickungstod die Bergleute vor nahenden Schlagwetter gewarnt.

Hör-Tipp
Leporello, Dienstag, 23. Mai 2006, 7:52 Uhr

Download-Tipp
Ö1 Club-DownloadabonnentInnen können die Sendereihe "Leporello" vom Montag, 22. Mai bis Freitag, 26. Mai 2006 gesammelt jeweils am Freitag nach Ende der Ausstrahlung 30 Tage lang im Download-Bereich herunterladen.

Veranstaltungs-Tipp
Ausstellung "Papageno backstage. Perspektiven auf Vögel und Menschen", Samstag, 20. Mai bis Sonntag 29. Oktober 2006, Österreichisches Museum für Volkskunde, Wien,
Ö1 Club-Mitglieder erhalten ermäßigten Eintritt (EUR 1,45)

Links
Österreichisches Museum für Volkskunde
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Calling Mozart