Zwischen Realität und sinnlichem Eindruck
Debussys "Nachmittag eines Fauns"
Dieser ideale Stoff für ein impressionistisches Werk war ursprünglich als Bühnen-Musik geplant: Debussys "Prélude a l'apres-midi d'un faune". Das Orchesterstück entstand in den Jahren 1892 bis 1894 und dürfte Material der Bühnenmusik-Fassung enthalten.
8. April 2017, 21:58
Berliner mit Abbado, Suisse Romande mit Ansermet
Die Ursprünge von Debussys "Prélude" gehen auf ein Bühnen-Projekt zurück. Im Januar 1891 kündigt eine Pariser Theatertruppe eine Aufführung von Mallarmés Gedicht "Nachmittag eines Fauns" - lapres-midi dun faune" - an, und zwar mit Musik von Debussy. Also eine Bühnenmusik war ursprünglich gedacht. Die Aufführung wurde abgesagt, Debussy hatte aber Teile seiner Partitur bereits fertig.
In den Jahren 1892 bis 1894 komponierte Debussy nun sein Prélude für Orchester auf dieses Mallarmé-Gedicht und verwendete wahrscheinlich Material aus dieser ersten Bühnenmusik-Fassung. Es kann deshalb nicht mit Sicherheit gesagt werden, da die Skizzen verschollen sind. Im Zentrum des Interpretationsvergleichs steht diesmal Debussys "Prélude".
Realität und sinnlicher Eindruck
Inhalt des Gedichtes: Ein Faun - ein Satyr-ähnliches Fabelwesen, ursprünglich ähnlich Pan, dem Beschützer der Bauern und Hirten - sinniert darüber, ob seine erotische Begegnung mit zwei Nymphen real war oder nur in seiner Einbildung stattgefunden hat. Ein idealer Stoff für ein impressionistisches Werk.
Warum? Weil es auch hier, wenn wir von der Malerei, von der man diesen Begriff herleiten muss, ausgehen, mit aller Vorsicht gesprochen bekanntlich um das Verschwimmen der Realität mit dem sinnlichen Eindruck, die sie bei uns auslöst, geht. Die Stimmung, die Atmosphäre, das Gefühl - aber immer ausgehend von konkreten Bildern. Also auch in dieser Musik geht es nicht einfach und direkt um Liebe oder Melancholie, Freude oder Wut, sondern wie sich konkrete Szenen in der Wahrnehmung, dem Gefühl, der Stimmung widerspiegeln.
Vergleich Abbado - Ansermet
"Eine Abfolge von Bildern, durch die sich das Verlangen und die Träume des Fauns in der Nachmittagshitze ziehen", so kommentiert Claude Debussy sein "Prélude a l'apres-midi d'un faune" auf das gleichnamige Gedicht Mallarmés. Dem Charakter der Musik entsprechend unterscheiden sich die verschiedenen Aufnahmen dieses Werkes vor allem in der Klangfarbe, aber auch im Tempo, den Ritardandi etwa bei den Übergängen. Die sind etwa viel langsamer, gedehnter bei Claudio Abbado und den Berliner Philharmonikern als bei Ernest Ansermet und dem Orchestre de la Suisse Romande.
Abbado wählt auch insgesamt ein langsameres Tempo, dehnt sehr lange die Pause, die Debussy gleich nach den ersten Takten, in denen die Flöte das chromatische "Faun-Thema" vorträgt, komponiert. Vor allem aber unterscheiden sich diese beiden Aufnahmen in der Klangfarbe: sehr viel dunkler, gedämpfter, weicher klingt schon der Beginn bei Abbado und den Berlinern. Hingegen heller, transparenter und insgesamt auch etwas lauter, klingen Flöte und Orchester bei Ansermet.
Hör-Tipp
Ausgewählt, Mittwoch, 3. Mai 2006, 10:05 Uhr
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