Machwerk oder Meisterwerk?

Überlegungen zu "Hostel"

"Obszönes Kino zum Kotzen" sah der Rezensent des "Kurier", "Wer sperrt den Regisseur ein?" fragt die "Kronen Zeitung". Der Horrorfilm "Hostel" sorgt für Emotionen. Ein zweiter Blick zeigt: Der Fall hat viele Facetten.

Schon immer waren es nicht die irrelevantesten Hervorbringungen des Horror-Genres, die zunächst für affektgeladene Ablehnung sorgten. Filme wie "Die Nacht der lebenden Toten" oder das "Texas Chainsaw Massacre" galten seinerzeit als blanker Schund, um im Nachhinein als Klassiker entdeckt und nach allen Regeln der Kunst analysiert zu werden. Ich entsinne mich noch genau der lauen bis wütenden Kritiken, die selbst über Hitchcocks "Psycho" zu lesen waren - heute nehmen die Analysen des vielschichtigen Schockers ein halbes Buchregal in Beschlag.

In der Schmuddelecke

Natürlich ist das Horrorkino seit je die Schmuddelecke der Filmgeschichte. Abgetrennte Gliedmaßen, spritzendes Blut und verunstaltete Körper pflegen nun einmal nicht helle Begeisterung hervorzurufen. Das ist in der Realität freilich nicht anders und nicht wenige Horrorfilme spiegeln die Schrecken unserer Wirklichkeit denn auch auf eine verzerrte, "triviale" Weise durchaus gültig wider. Regisseure wie Tod Broning, David Cronenberg und Roman Polanski haben immer wieder soziale und seelische Fehlentwicklungen zu durchaus künstlerischen Visionen zu verdichten verstanden.

Monster Mensch
Nun will ich Eli Roth, den Regisseur von "Hostel", sicher nicht in eine Reihe mit den gerade genannten Filmkünstlern stellen. Indes lässt sich selbst ein Film wie "Hostel", in der junge Tramper einem organisierten Folterring in die Hände fallen, auch als gesellschaftliche Allegorie lesen. Die schrecklichste Szene in "Hostel" zeigt keine Folterung, sondern einen finanzstarken "Kunden", der mit seinem Geld jede nur denkbare menschliche Erniedrigung erkaufen kann.

Nicht wenige Kritiker haben den hier zu Lande so scharf verdammten Film denn auch so gelesen: Einen "Spiegel menschlicher Abgründe" sah etwa die "Wiener Zeitung", "mehr als den gewöhnlichen rohen Horrorfilm" die "Süddeutsche Zeitung" und der "Spiegel"-Ableger "Kulturspiegel" resümierte: "'Hostel' gehört nicht in die Klasse überflüssiger C-Movies, sondern ist ein guter Film". Undifferenzierte Verrisse wie die eingangs zitierten und das eigens wieder eingeführte Jugendverbot bis 18 Jahre (!) bewirken mit Sicherheit nur eines: dass dieser Film auch in Österreich ein Kassenschlager wird.