Freud und die Frauen - Teil 4

Der Weg in die Emigration

Lange wollte Sigmund Freud nicht wahrhaben, dass er und seine Familie in Wien des Lebens nicht mehr sicher waren. Als er ging, nahm er den Hausrat, die gesamte Einrichtung der Berggasse mit. Wer blieb, waren seine Schwestern.

Wieder waren es Frauen, die den Weg in die Emigration für Sigmund Freud ebneten. In Wien war ihm gelungen, was er sich vorgenommen hatte. Er hatte Neues gefunden, was die Welt in Atem hielt, was ihn Anerkennung brachte und den Zulauf des Geld zahlenden Publikums.

Ungeklärte Verhältnisse

Lange wollte er nicht wahrhaben, dass er und seine Familie in Wien des Lebens nicht mehr sicher waren. Als er ging, nahm er den Hausrat, die gesamte Einrichtung der Berggasse mit. Wer blieb, waren seine Schwestern. Sie wurden in den Konzentrationslagern der Nazis ermordet.

Das Verhältnis zu ihnen wird widersprüchlich beschrieben. Eva Weissweiler schreibt in ihrem Buch das Muttersöhnchen Freud habe gemeint, dass Emigration sich "für die alten Frauen" nicht mehr lohne. Andere Quellen sprechen davon, dass es Marie Bonaparte nicht möglich gewesen sei, auch Freuds Schwestern zu retten.

Ein Ende unter Schmerzen

Sigmund Freud, das Lieblingskind seiner Mutter verließ am 4. Juni 1938 den Geburtsort der Psychoanalyse und reiste mit seiner Familie über Paris nach London. Er lebte noch etwas mehr als ein Jahr.

"Das ist jetzt nur noch Quälerei und hat keinen Sinn mehr" sagte er zu seinem Arzt Max Schur und bat ihn Morphium zu geben. Das Gaumenkrebsleiden war unerträglich geworden. Bis dahin hat er gearbeitet. Elf Patienten pro Tag lagen auf seiner Couch, die Aufzeichnungen wurden bis ein Uhr nachts geschrieben.

Die Gralshüterin

Anna, das jüngste Kind wurde als Gralshüterin aufgebaut. Sie begleitete ihren Vater auf seinen Reisen, setzte ihm die Mundprothese ein, schenkte ihm ihre Stimme auf Kongressen. Nahm seinen Platz ein und entwickelte die Kinderpsychoanalyse. Sie hat nie geheiratet, lebte mit Dorothy Burlingham zusammen. - Ein weiteres Feld für Spekulationen.

Anna erhielt als 14jährige von ihrem Vater die erste Einführung in die Psychoanalyse als sie abends an den stattlichen Villen in der Nähe des Praters vorübergingen wies Freud auf die schmucken Gebäude und sagte: "Siehst du diese Häuser mit ihren schönen Fassaden? Die Dinge hinter den Fassaden sind nicht unbedingt so schön. Und so verhält es sich auch mit den Menschen."

Freuds Werk wäre ohne seine Frau nicht möglich

Es waren Frauen, die Sigmund Freud die Psychoanalyse entwickeln ließen. Wohlhabende Frauen und es waren Frauen, die sie weiterentwickelten, das Andenken an ihn bewahrten. Seine Frau Martha, überlebte ihn mehrere Jahre und führte das Haus in Maresfield Gardens wie seinerzeit die Berggasse. Sie las viel, korrespondierte mit Freunden, frönte ihrer Handarbeitsleidenschaft und schrieb anlässlich von Festtagen kleine Gedichte.

Der Name Freud war mittlerweile zu einem Mythos geworden. Zahlreiche Besucher wollten der "Frau Professor" ihre Aufwartung machen und Martha ließ die glorreiche Vergangenheit wieder aufleben. Sie liebte die Tatsache, dass ihr Mann große Bedeutung erlangt hatte ebenso wie den Nimbus, die Witwe Sigmund Freuds zu sein. Es war deutlich geworden, dass die Psychoanalyse eine umfassende wissenschaftliche Bewegung und keine Modeerscheinung war. Der damit verbundene Ruhm gehörte auch Martha Freud.

Download-Tipp
Ö1 Club-Mitglieder können die Sendung "Salzburger Nachtstudio" vom Mittwoch, 26. April 2006, 21:01 Uhr zum Thema Freud und die Frauen nach der Ausstrahlung 30 Tage lang im Download-Bereich herunterladen.

Buch-Tipp
Katja Behling, "Martha Freud, die Frau des Genies", Aufbau Tb, ISBN 3746618584

Veranstaltungs-Tipp
Sigmund Freud Vorlesung 2006, Leon Botstein spricht zum Thema Freud und Wittgenstein. Sprache und menschliche Natur, Samstag, 6. Mai 2006, 18:00 Uhr, Gesellschaft der Ärzt, Billrothhaus, Frankgasse 8, 1090 Wien.

Links
Sigmund Freud Museum Wien
Freud-Institut
Wiener Psychoanalytische Vereinigung