Giftstoffe, Herpesviren und Krebs

Der Zustand der Weltmeere

Meeressäugetiere, die sich von Fisch ernähren, leben in Küstennähe und erreichen ein hohes Lebensalter. Sie sind durch Schadstoffe und Umweltgifte bedroht. Meeresbiologen sind beunruhigt, denn: Was Meeressäugern schadet, bedroht auch den Menschen.

Noch vor 20 Jahren erforschte man Meeressäuger, um ihre Biologie und ihr Verhalten kennen zu lernen. Heute werden Wale, Delfine, Robben und Seelöwen zunehmend daraufhin untersucht, was die Belastung ihres Organismus mit Schadstoffen und die daraus resultierenden Krankheiten über Gefahren für den Menschen aussagen.

Meeressäuger haben eine ähnliche Rolle wie vor vielen Jahrzehnten Kanarienvögel im Bergwerk: Wenn diese starben, waren auch die Kumpel bedroht.

Seeotter fallen der Toxoplasmose zum Opfer

Nimmt man die kalifornischen Seeottern als Bezugsobjekt, so ist für die meisten Menschen nur eine geringe ökologische Bedrohung festzustellen. Denn die Ottern sterben an Toxoplasmose. Für Menschen ist der Parasit, Toxoplasma gondii, weitgehend ungefährlich. Ausgenommen Menschen mit Immunschwäche und Schwangere.

Seelöwen sterben an Krebs

Die Erkrankungen von kalifornischen Seelöwen führen zu wesentlich beunruhigenden Überlegungen, wenn man Parallelen zu Erkrankungen des Menschen zieht.

Kalifornische Seelöwen sterben an Krebs. Die Ursache: Ein Erreger, der dem menschlichen Herpes-Virus-8 sehr ähnlich ist. Dieses Herpes-Virus verursacht bei immungeschwächten AIDS-Patienten das Karposi-Sarkom.

Ursache Umweltgifte

Die Forscher überlegten, ob nicht auch bei Seelöwen eine Immunschwäche vorliegt. Mögliche Ursachen könnten DDT oder PCBs sein, mittlerweile weitgehend verbotene Stoffe. Die PCBs sind schwer abbaubare polychlorierte Biphenyle, die früher für viele Produkte - von Lacken bis Elektrokondensatoren - verwendet worden sind. Dass Meeressäuger diese Stoffe über ihre Nahrung aufnehmen und diese fettlöslichen Gifte sich in ihrem Körper ablagern, ist nicht neu. Es ist auch bekannt, dass PCBs bei Laborratten Krebs hervorriefen.

Als erstes testeten die Forscher 250 Seelöwen auf der Insel San Miguel. Man stellte fest, dass auch etliche gesunde Tiere das Herpes-Virus hatten. Allerdings hatten die krebskranken Seelöwen viel höhere PCB- und DDT-Werte, als ihre gesunden Artgenossen.

Das Ergebnis der Untersuchung lautete: Tiere mit hohen PCB Werten bekommen Krebs; doch gesunde Tiere mit niedrigen PCB-Werten können das Virus in sich tragen, ohne an Krebs zu erkranken. Der Schluss, dass PCBs auch beim Menschen das Immunsystem schwächen, liegt nahe, ist aber derzeit nicht nachzuweisen.

Auswirkungen der Klimaerwärmung

Eine noch viel größere Gefahr droht im hohen Norden durch die Klimaerwärmung, meint der Arzt James Berner. Meeressäuger und Menschen gleichermaßen werden künftig mit Organismen zu tun haben, die sie nur vom Hörensagen kannten.

Die Zukunft, so James Berner bedauernd, habe schon begonnen. "Es geht um Mikroben, die Krebse und Menschen infizieren, jedoch im Meer nur bei bestimmten Temperaturen überleben können. Zum Beispiel: Vibrio parahemolyticus, ein gewöhnliches Salzwasserbakterium. Unter zehn Grad Celsius kann es nicht überleben und sich vermehren. Als Ursache menschlicher Erkrankungen hat man es bisher nie nördlicher als in British Columbia gefunden: Bis 2005. Da hatten wir zwei Krankheitsausbrüche in Alaska. Zuchtkrebse waren von den Bakterien befallen worden, weil das Wasser so warm war. Meiner Meinung nach werden die Menschen gegen die Klimaerwärmung ohnehin erst dann etwas unternehmen, wenn diese Krankheiten verursacht, die man vorher noch nie gesehen hat."

Hör-Tipp
Dimensionen, Mittwoch, 19. April 2006, 19:05 Uhr

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