Fastenriten der Weltreligionen - Teil 2

Buddhistische Kasteiungs-Skepsis

Zu Ostern endet die Fastenzeit der Christen. Wie fasten Angehörige anderen Religionen? Im Buddhismus begegnet man Fastenritualen mit vorsichtiger Zurückhaltung - denn zur Erleuchtung gelangt man laut Buddha nicht durch Kasteiung, sondern durch das richtige Maß.

Streng genommen gehört das Fasten nicht zu den Grundlagen der religiösen Praxis im Buddhismus - eher wird es angewandt, um Gefühle zu erkennen und daraus zu lernen.

In einer Legende aus dem Leben des Buddha wird diese Einstellung auch ausgedrückt: Siddharta, der junge Buddha, heißt es, fastete, bis er "sein Rückgrat durch seinen Magen spüren" konnte. Dann fiel er in Ohnmacht und erkannte, dass bloße Kasteiung nicht zur Erleuchtung führt.

Skeptische Einstellung zum Fasten

Der geborene Wiener Christoph Köck hat 17 Jahre lang als buddhistischer Mönch gelebt. Zwölf Jahre in Thailand und anschließend fünf Jahre in der Schweiz, in einem buddhistischen Kloster im Berner Oberland. Er bestätigt, dass Fasten-Rituale zur Reinigung des Körpers eine sehr untergeordnete Rolle spielen. Unter vielen buddhistischen Lehrmeistern herrscht Skepsis gegenüber dem Fasten - es sei, so Köck, zu einfach, zu fasten, um "sich selbst etwas zu beweisen oder, um sein Ego zu stärken und nicht, um daraus zu lernen".

Das richtige Maß

Viel wichtiger sei es, das "richtige Maß" zu erlangen - im Essen, im Schlafen und in anderem Tun.

Aus dem christlichen Glauben bekannte Wirkungen des Fastens - etwa den Körper zu disziplinieren - spielen im Buddhismus gar keine Rolle, begründet Christoph Köck. Disziplin dürfe nie zum Selbstzweck werden.

In diesem Zusammenhang, sagt der ehemalige Mönch, muß man sehen können, dass es im Buddhismus auf die Qualität des Herzens ankommt - daran arbeiten die Gläubigen. Fasten aus disziplinären Gründen gehört nicht dazu.

Buddhistische Fastenpujas

Agleie Witt-Döring führt ein großes Möbelgeschäft in der Neubaugasse im siebten Wiener Bezirk. Aus Rajastan kommen die Schränke, Tische, Betten und die vielen tiefen Sitzgelegenheiten hier im Raum. "Ich habe acht Jahre lang im Nepal gelebt und was mich dort festgehalten hat, waren nicht nur die freundlichen Leute, sondern vor allem auch der Buddhismus."

Sie erzählt von ihrer Zeit in Nepal, wo sie den tibetischen Buddhismus kennen gelernt hat. Dort spielt innerhalb bestimmter Verehrungsrituale, Pujas genannt, das Fasten doch manchmal eine Rolle.

"Die Fastenpujas sind extrem - am Anfang isst man nur einmal täglich, dann isst man gar nicht mehr und zum Schluß trinkt man auch nicht mehr." Zwei Tage und eine Nacht dauert die Zeremonie mit Niederwerfungen, mit Gebeten. Man sitzt stundenlang mit gekreuzten Beinen. "Aber das Ganze wird sehr leicht ertragen und ist erhebend, weil es von einem Mönch geleitet wird, einem Lama, der Mitgefühl ausstrahlt und diese Energie von Freude und von Stärke", erklärt Agleie Witt-Döring.

Tantrisches Fastverbot

Häufig reist Agleie Witt-Döring aus geschäftlichen Gründen nach Rajasthan. Meist schafft sie es, einen Aufenthalt im Gebiet der Exil-Tibeter in Nordindien anzuschließen. Gern nimmt sie dabei am Leben der Anhänger des Dalai Lama teil - wobei von Fasten keine Rede ist. Eine der Richtungen innerhalb des tibetischen Buddhismus, die tantrische, hat sie sich näher angesehen und gefragt, welche Rolle das Fasten hier spielt.

Zu den tantrischen Gelübden gehört, dass man nicht fasten soll. Tantrische Buddhisten betrachten den eigenen Körper als Gottheit - und Fasten würde der Gottheit schaden. Anders als im Christentum, meint Agleie Witt-Döring, ist man im Buddhismus selbst Gott - man muß nur seine eigene göttliche Natur erfahren. Das ist die ganze Aufgabe.

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