Mazedonien - ein langes Provisorium

Was steckt alles im Namen?

Der Vielvölkerstaat Jugoslawien ist mit einem großen Knall mit nachfolgenden Bürgerkriegen oder Aggressionen der Stärkeren zerfallen. Nach der Zeit der Zerstörungen hat sich die Lage beruhigt - und die einzelnen Staaten versuchen nun, sich zu behaupten.

Erstaunlicherweise ist von allen Republiken aus dem Bund, der einmal den Namen Föderative Republik Jugoslawien trug, nur eine im Verlauf des Zerfalls von den Kriegsgeschehnissen (1991-1999) verschont geblieben. Und zwar jene, die aufgrund ihrer nach Geschichte als die zerbrechlichste schien - Mazedonien.

Sogar Slowenien, der westlichste Teil der ehemaligen jugoslawischen Republik, der als ethnisch homogen galt und wirtschaftlich der best entwickelte Teil Jugoslawiens war, hatte seine Unabhängigkeit nach einem kurzen Krieg (zehn Tage) erkämpft. Und dass gerade Mazedonien - abgesehen von den Unruhen im Jahr 2001 - das Schicksal anderer jugoslawischer Republiken nicht teilte, zeigt, dass man bei gesellschaftlichen Ereignissen eben nicht alles vorsehen kann.

Reale und erfundene Feinde

Um das Gefühl der Gemeinsamkeit zu stärken, haben die Ideologen des einstigen Vielvölkerstaates Jugoslawien in regelmäßigen Zyklen auf die realen, aber auch auf erfundene Feinde des Staates reagiert. Das föderale Jugoslawien hatte ständig "jemanden", der die "Brüderlichkeit und Einheit" bedrohen wollte.

An den westlichen Enden waren es einmal die Italiener, dann die Österreicher ("Kärntner Frage"). Auf der süd-östlichen Seite war aber die Gefahr für Jugoslawien immer am stärksten präsent. Die Republik Mazedonien wurde von allen Nachbarn (selbstverständlich nur von ihrem nördlichen Nachbarn Serbien nicht - letztendlich lebten die beiden noch in einem Staatsbund) erpresst.

Mazedonien, oder ...

Die Grenzen der Republik Mazedonien, die übrigens nur zu einem geringen Teil im Norden auf dem Gebiet des antiken Mazedonien liegt, wurden nach den Balkankriegen 1912/1913 gezogen. Bis dato war dieses Gebiet innerhalb des Osmanischen Reiches in verschiedenen Wilajets (so hieß die größte Territorialeinheit des Reiches) gegliedert.

Im einstigen sozialistischen Jugoslawien konnten wir fast täglich über die Ansprüche der Griechen, der Albaner oder Bulgaren auf unsere "brüderliche" Republik lesen. Man organisierte Proteste, man war sogar bereit zu kämpfen, falls es nötig gewesen wäre.

… "The Former Yugoslav Republic of Macedonia"

Jugoslawien wurde nicht von den unzähligen fremden "Feinden" zerlegt, sondern von innen. Die Föderation teilte sich in fünf unabhängige Staaten, die nun ihren Namen weiter stolz tragen dürfen.

Nur Mazedonien wurde am 8. April 1993 in der UNO als " ... provisonally reffered to for all purposes within the United Nations as The Former Yugoslav Republic of Macedonia" (FYROM) bezeichnet mit der Erklärung " ... pending settlement of the difference that has arisen over the name of the State" (" ... bis zu Regelung von Meinungsverschiedenheiten, die über den Namen von Staat entstanden sind.").

... und Uneinigkeiten um den Staatsnamen

Diese Uneinigkeiten ("differences") beruhen auf dem Standpunkt Griechenlands, und zwar mit der Begründung, dass der neue Staat nichts mit dem ursprünglichen antiken Mazedonien gemein hat. Und um mögliche Ambitionen des heutigen, neuen mazedonischen Staates gegenüber dem antiken, seit mehr als 2.000 Jahren griechischem Territorium gar nicht aufkommen zu lassen, sollte der neue Staat auf den Namen Mazedonien verzichten.

In ihrer Verfassung und im Sprachgebrauch nennen die Mazedonier ihr Land Republik Mazedonien. Diesem Namen stimmten viele andere Staaten, wie z. B. die USA zu, aber die meisten verwenden in offiziellen Dokumenten den noch immer "provisorischen" (provisonally) Namen. Im deutschsprachigen Raum heißt es: "Die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien".

Ein Ende des Streites in Sicht?

Mazedonien bemüht sich, sowohl der Nato wie der EU so schnell wie möglich beizutreten. In der Vorwoche hat sich die designierte griechische Außenministerin Dora Bakoynnis in New York mit dem UN-Sonderbeauftragten Matthew Nimetz, der Verhandlungen über den Namen führt, getroffen, um ihn kennen zu lernen und Meldungen von Nachrichtenagenturen zufolge äußerte sie die Hoffnung, dass eine für beide Seiten akzeptable Lösung gefunden wird.

Einen Tag davor trafen sich in Brüssel der griechische Premier Costas Karamanlis und der Premier Mazedoniens (oder richtiger gesagt von FYROM), Vlado Buckovski, zu einem "20-minütigen Gespräch", um dasselbe Thema zu erörtern.

Diese Treffen ergaben bisher noch keine konkreten Vorschläge und wir wissen daher noch immer nicht, wie das Land nun wirklich heißt - "Ehemalige ...". "Mazedonien" oder nur "Republik" ... Was wir aber als sicher annehmen können, ist, dass "provisorisch" sehr lange dauern kann - im Fall von Mazedonien werden es am 8. April dieses Jahres genau 13 Jahre sein.