Wie groß ist der Familienkern?

Von 2 bis 80 unter einem Dach

Großeltern, Kinder, Enkelkinder vereint in einem Haus - einst gehörten Mehrgenerationenhaushalte zum Alltag. Bei der letzten Volkszählung 2001 gab es in Österreich nur mehr knapp über 50.000 Haushalte, in denen Großfamilien lebten.

Die Kleinfamilie ist in Europa längst zur konkurrenzlosen Familienform geworden. Lebten im Jahr 1900 noch vier bis fünf Personen in einem Haushalt, so hat sich die Anzahl in den folgenden 100 Jahren halbiert. Bezogen auf die Bevölkerung in Privathaushalten liegt die durchschnittliche Haushaltsgröße heute bei 2,35 Personen.

Laut dem Österreichischen Statistischen Zentralamt sind zwei Drittel aller Privathaushalte "Familienhaushalte", also Haushalte mit zumindest einer Kernfamilie. Haushalte mit drei oder mehr Generationen sind heute eine Ausnahmeerscheinung - lediglich 1,3 Prozent der Privathaushalte sind solche Mehrgenerationenhaushalte. Etwas größer ist der Prozentsatz, wenn man auch die Familien mitzählt, die zwar unter einem Dach, aber in separaten Wohnungen leben.

Der Mehrgenerationenhaushalt als Zweckgemeinschaft

Unser Bild von der Großfamilienidylle alter Zeiten, in der mehrere Generationen harmonisch unter einem Dach lebten, dürfte nur zum Teil zutreffen. Mehrgenerationenhaushalte waren in früheren Jahrhunderten meist reine Zweckgemeinschaften, in denen jede Arbeitskraft gebraucht wurde. In vielen ländlichen Gegenden Österreichs war es üblich, die Großelterngeneration mit einem Almosen aufs Altenteil oder ins Ausgedinge zu schicken.

Im letzten Jahrhundert waren Großfamilien meist Notgemeinschaften - man lebte aufgrund des akuten Wohnraummangels unter einem Dach. In den 50er Jahren des letzten Jahrthunderts wurde die Kernfamilie zum neuen Ideal. Auch wenn die Kinder am selben Ort blieben, lebte man "Intimität auf Abstand" in den eigenen vier Wänden.

Miteinander von Generationen

Auch wenn die traditionelle Großfamilie heute eine Ausnahmeerscheinung darstellt: die Solidarität innerhalb der Familien ist so groß wie nie zuvor.

Generationenbeziehungen werden heute seltener unter einem Dach, sondern vorrangig über die Haushaltsgrenzen hinweg gelebt. Seitens der Elterngeneration sind es vor allem materielle Unterstützungsleistungen oder Hilfe bei der Kinderbetreuung, die den jüngeren Generationen zugute kommen.

Im Zuge der sich verlängernden Lebenszeit übernehmen Familie auch neue Aufgaben, etwa bei der Betreuung alter Familienangehöriger. Zudem hat die soziale Unterstützung zwischen den Generationen auch einen positiven Effekt auf die Lebensqualität aller Familienmitglieder.

Trend zum gemeinsamen Wohnen von Jung und Alt

In jüngster Zeit entwickeln sich neue Formen des generationenübergreifenden Wohnens. In Frankreich etwa werden Kindergärten mit großem Erfolg in Seniorenwohnheime integriert. In Deutschland entwickelte ein Baustofferzeuger für den privaten Wohnbau das Modell eines Hauses für drei Generationen, und auch in Österreich gibt es einige Vorzeigemodelle des Mehrgenerationenwohnens.

Nach dem Konzept des generationenübergreifenden Wohnens baute etwa Kolping Österreich in Wien 10 das Wohnprojekt "Gemeinsam Leben", in dem sowohl Seniorenwohnungen als auch Mutter-Kind-Wohnungen angeboten werden.

Hör-Tipp
Moment, Donnerstag, 16. März 2006, 17:09 Uhr

Download-Tipp
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Links
Gemeinsam Leben
Statistik Austria - Familien