Über Investitionen, Globalisierung und EU-Feindlichkeit

Der "Salzbaron" aus Floridsdorf

Er ist einer der wenigen, die nach einer frühzeitig gescheiterten Politkarriere als Quereinsteiger in die Wirtschaft eine Erfolgsstory nach der anderen schrieb. Die Politik ist ihm jedoch bis heute nicht egal. Immer wieder bezieht er Stellung zu aktuellen Themen.

Hannes Androsch im Gespräch mit Herbert Hutar

Hannes Androsch steht am Höhepunkt seiner vierten Karriere. Begonnen hat er als Steuerberater. Als Finanzminister und Vizekanzler musste er nach einer Steuer-Affäre zurücktreten und wurde Chef der Creditanstalt Bankverein; danach startete er eine erfolgreiche Karriere als Unternehmer und Industrieller.

Trotz seiner zahlreichen Aktivitäten als Industrieller hat sich der Floridsdorfer nie gänzlich der Politik abgewandt. Immer wieder bezieht er mit mahnenden Wortmeldungen Stellung zur internationalen wie auch zur Parteipolitik, auch zu jener der SPÖ, der er nach wie vor als Mitglied angehört.

Der Geschäftsmann und seine Beteiligungen

Den Sprung vom Steuerberater über den Unternehmensberater zum Industriellen schaffte Hannes Androsch mit dem Erwerb des ehemaligen Leiterplattenwerkes bei Leoben aus dem Bestand der alten Voest, heute AT&S, Zulieferer für die Handy-Industrie.

Zweite große Etappe war der Erwerb der Salinen AG, ebenfalls aus Staatsbesitz. Rund um die Salinen begann er dann mit Tourismus-Beteiligungen, u. a. an Bergbahnen im Salzkammergut, und zwar am Dachstein und am Loser bei Bad Aussee. In Oberösterreich beteiligte er sich auch am Flugzeug-Zulieferer FACC, der Tochter von Fischer-Ski. Weiters engagiert sich Hannes Androsch noch an der High-Tech-Plastics-AG, am Internet-Wettportal BetandWin und am Wertkarten- und Internet-Zahlungssystem Paysafecard. Und schließlich gibt es noch eine Beteiligung im Gesundheitsbereich - das Viva-Mayr Gesundheitshotel in Maria Wörth.

Seine künftigen Investitionen

Der zu Ende gehende Winter hat sich durch teils extreme Schneefälle ausgezeichnet. Diese Tatsache hat dem "Salzbaron" - wie er oft wegen seiner Salinen AG genannt wird - dennoch keine Gewinne beschert, denn - so Androsch - der europaweite Mangel an Auftausalz habe die Salinen zu extrem teuren Importen gezwungen, und die seien in den Preisen nicht unterzubringen gewesen:

"Wir mussten zukaufen, und beim Zukauf haben wir verloren, weil z. B. die Elektrizitäts-Landesgesellschaften den Strompreis beträchtlich erhöht haben, unser Abgabepreis hingegen nicht gestiegen ist. Auch die Transportkosten haben durch die Verdreifachung des Ölpreises zur derzeit relativ unbefriedigenden Situation beigetragen. Hinzu kommen noch Pönale-Forderungen seitens der Kunden, weil wir nicht die gewünschten Mengen liefern konnten. Im Lichte dieser Erfahrungen werden wir für nächsten Winter die Verträge mit den Gemeinden neu verhandeln, und ich schätze, in zwei Jahren können dann die Salinen nach entsprechenden Erweiterungsinvestitionen mehr liefern".

Beim Flugzeugzulieferer FACC drängt Androsch für bevorstehende Expansionen vor allem die Familie Fischer zu einer Kapitalerhöhung. In der Obersteiermark soll ein neues High-Tech-Werk auf dem Gebiet der Kunststofftechnologie entstehen; in ein bis zwei Jahren könnte es so weit sein.

Globalisierung als Chance

Die Globalisierung sieht Androsch, der mit der Leiterplattenerzeugung Standorte in Österreich, in Indien, in China und demnächst auch in Südkorea haben wird, als Chance. Produktionen in Ostasien sichern die Beschäftigung in Österreich, meint er und mahnt Österreich und Europa zur Öffnung. Auf die Frage, ob Europa den Wettlauf mit Ostasien überhaupt gewinnen kann, meint er:

"Fraglos ist durch den Eintritt Chinas und Indiens eine gewaltige Verlagerung der Gewichte in der Weltwirtschaft eingetreten. Gleichzeitig haben sich aber dadurch für alle Beteiligten große Chancen ergeben. Am wenigsten ist jedenfalls damit gedient, dass die europäischen Firmen ihre Standorte in einen Rucksack packen und nach Fernost abhauen".

Für Öffnung der Arbeitsmärkte

Die selbst gewählte Isolation - Schlagwort: kein freier Zugang für Arbeitskräfte aus den neuen EU-Mitgliedsländern - ist, so Androsch, eine der Hauptursachen für die Wachstumsschwäche in Europa. Nach seinen Worten sollte man sich nicht auf diesen populistisch-protektionistischen Kurs begeben, der etwa darin bestehe, aus den neuen Mitgliedsländern keine Arbeitsplätze zu beziehen:

"Von dieser Selbstschädigung müssen wir Abstand nehmen. Man muss doch erkennen, dass Europa im Rahmen der Weltwirtschaft inzwischen als Folge dieser nationalstaatlichen Kleinstaaterei mit lächerlichen Souveränitäts-Illusionen eine sehr wachstumsschwache Region geworden ist. Da sind Tendenzen wie jene, die nur aus populistischen Gründen demagogisch verfolgt werden, nicht zielführend. Und dagegen erhebe ich und werde ich immer und überall meine Stimme erheben".

Hör-Tipp
Saldo, Freitag, 10. März 2006, 9:45 Uhr

Download-Tipp
Ö1 Club-Mitglieder können die Sendung nach der Ausstrahlung 30 Tage lang im Download-Bereich herunterladen.

Links
AIC - Androsch International Consulting
Salinen Austria AG
AT&S
FACC
Dachstein Tourismus AG
Loser Bergbahnen AG
Consultatio
BetandWin AG
High Tech Plastics AG
Paysafecard
Viva