Einstürzende Eingebung

8. April 2017, 21:58

Nives Widauer ist Videokünstlerin. Sie entdeckte die Poetik der kosmischen Steine, als sie im Meteoritensaal des Naturhistorischen Museum in Wien einen Film drehte. Sie lud für ihr Buch "Meteoriten" Künstler, Literaten, Forscher und Philosophen ein, sich mit dem Phänomen Meteoriten auseinanderzusetzen.

"Meteoriten sind ein wunderbares Sinnbild: sie sind das einzig greifbare, das aus dem All bei uns gelandet ist. Alle Rätsel der Menschheit sind darin verpackt. Man hat zwar die Steine in der Hand, aber noch lange nicht alle Antworten dazu", so Widauer.

Zufällig und bahnbestimmt zugleich

Der Wiener Schriftsteller Andreas Okopenko war fasziniert davon, dass der Meteoritenfall zugleich bahnbestimmt und zufällig ist, wie er in seinem Roman "Meteoriten" schreibt.

Die Brocken aus dem Weltall bieten sich natürlich als Thema für Bestseller an, wie Dan Brown mit seinem "Meteor" bewies. Als der Schriftsteller Jules Verne 1905 starb, hinterließ er einen unveröffentlichten Roman: "Die Jagd auf den Meteor".

Gold im All

Vernes Verlag hatte das Werk abgelehnt, weil es als zu politisch erschien. Jules Vernes Sohn arbeitete den Roman um, und fügte Figuren hinzu und verschlechterte ihn dramatisch. Jetzt ist erstmals die Originalversion im Piper Verlag erhältlich: Die Abenteuergeschichte von zwei Astronomen, die zur selben Zeit einen geheimnisvollen Himmelskörper entdecken.

"Der Kern, der von einer leuchtenden Hülle umgeben ist und die beobachteten Strahlen aussendet, besteht nicht aus gasförmigem, sondern festem Stoff. Er besteht weder aus gediegenem Eisen, wie die meisten anderen Aerolithen, noch aus Peridot, einem Magnesiumsilikat mit Einschlüssen aus steinigen Körnchen. Dieser Bolide besteht aus Gold, aus reinem Gold. Allerdings kann man seinen wahren Wert nicht schätzen, weil es unter den Bedingungen, in denen er sich zeigt, und aus der Entfernung, in der man ihn sieht, nicht möglich ist, die Maße seines Kerns zu berechnen." Das war die Meldung, die der ganzen Welt zur Kenntnis gebracht wurde. Ihre Auswirkungen sind leichter vorzustellen als zu beschreiben. Eine Goldkugel kreist in weniger als fünfzig Kilometer Entfernung um die Erde! Ein Körper aus Edelmetall, der auf alle Fälle mehrere Milliarden wert war!"
Zitat aus Jules Verne "Die Jagd auf den Meteor", in der Originalfassung aus dem Französischen von Gaby Wurster im Piper Verlag

Jules Vernes spricht absichtlich von einem Meteor- einem Boliden oder wie es im Volksmund heißt: einer Sternschnuppe. Denn sobald der Meteor zum Meteoriten wird und auf die Erde trifft, zerplatzt der Traum vom großen Reichtum.

Sternschnuppen-Regen

"dass sich jemand etwas wünschen darf, wenn er/sie Sternschnuppen fallen sieht, ist allseits bekannt, allerdings heißt es da mit dem Wünschen schnell zu sein, denn nach dem Verlöschen gilt der Wunsch nicht mehr, man wird also zur Geistesgegenwart, ja zum Geistesblitz und in ein gewisses Zufallsprinzip hinein gezwungen (was mir als erstes auf der Zunge liegt)"
Der Schriftsteller Bodo Hell im Buch "Meteoriten", (Hrsg) Nives Widauer, Niggli Verlag

Viele Völker haben Meteoriten-Einfälle beobachtet und versucht, sie zu deuten. Während die Sternschnuppen Glück bringen, werden Meteoriten schon in der Bibel mit Tod und Verderben in Verbindung gebracht.

In anderen Kulturen wird der Meteorit aber als Bote Gottes angesehen, als ein himmlisches Wesen, das herabgestiegen ist. Riten mit Meteoriten finden sich bei vielen Naturvölkern, sie sind bei den Inuits in Grönland, bei einigen Völkern Tibets, der Mongolei, Australiens und bei nordamerikanischen Stämmen belegt.