Chiles Auf- und Abstieg
Salpeter und Guano
Guano und Salpeter haben auf Chiles Geschichte wesentlichen Einfluss: ihre Ausbeutung hat den Kampf um die Unabhängigkeit beeinflusst, sorgte für den Ausbau erforderlicher Infrastruktur, lieferte Kriegsgründe und lockte fremde Herrschaft ins Land.
8. April 2017, 21:58
Die Pampa Tamarugal im Norden Chiles soll einmal von weiten Wäldern bedeckt gewesen sein - bis die Bäume dem Salpeterboom zum Opfer fielen. Begonnen hat ihr Untergang im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts, als im bewaldeten Hinterland von Iquique als Ketzer und Alchimisten verfolgte Nitratarbeiter das "weiße Gold" aus dem Stein wuschen, dessen Gewinnung und Verwertung bis dahin allein der spanischen Krone vorbehalten war. Untergrundarbeit, die schließlich einen wesentlichen Beitrag im Kampf für die Unabhängigkeit lieferte.
Salpeter für Spanien
Die erste historisch dokumentierte Fracht Salpeter wurde im Jahr 1809 in Chile abgefertigt, im Jahr 1812 brachen sechs Schiffe mit insgesamt 19.805,24 spanischen Zentnern Salpeter, etwas mehr als 430 kg, an Bord Richtung Spanien auf, und erst in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts interessierten sich andere Staaten, allen voran Frankreich, für das Nitratsalz. Als dann in den 50er Jahren ein vereinfachtes Verfahren die Salpetergewinnung vervielfachte, war den schnellen und riesigen Gewinnen Tür und Tor geöffnet.
Erste Kriege und Reichtum für Chile
Salpeterwerke entstanden, die Eisenbahn zur Hafenstadt Iquique wurde gebaut, die Steuern wurde immer höher, die Begehrlichkeiten auch. Da ein großer Teil des Salpeterlandes im Besitz von Bolivien und Peru war, fühlte sich die chilenische Regierung nach mehreren Provokationen zum Handeln gezwungen und schickte Militär.
Am 14. Februar 1879 wurde die Hafenstadt Antofagasta besetzt, im April wurde Bolivien und dem verbündeten Peru der Krieg erklärt. Der Krieg, den man als Pazifikkrieg oder Salpeterkrieg kennt, endete mit der Eroberung Limas im Januar 1881. Bolivien verlor seine Küste und auch Peru musste weite Gebiete abgeben.
In den folgenden Jahren trugen die Erträge aus der Salpeterindustrie erheblich zum chilenischen Staatseinkommen bei, in manchen Jahren bis zu 66 Prozent!
Synthetischer Ammoniak
Der Niedergang ließ nicht lange auf sich warten: 1908 entwickelte Wilhelm Oswald und später Fritz Haber, der dafür mit dem Chemie-Nobelpreis ausgezeichnet wurde, ein Verfahren zur synthetischen Herstellung von Salpetersäure, was für das chilenische Monopol das Aus bedeutete.
1914 kam es schließlich zum "Salpeterversprechen", einem Vertrag zwischen Carl Bosch, einem Angestellten der BASF, und der Obersten Heeresleitung Deutschlands, um die synthetische Herstellung von Salpetersäure im industriellen Rahmen, erst in Merseburg, später in Leuna, zu ermöglichen.
Salpeter oder Ammoniumnitrat war der Hauptbestandteil der damals effektivsten Sprengstoffe und Düngemittel. Wobei Ammunium auch aus Guano, den zum Teil meterhohen Hinterlassenschaften der vielen Seevögel, gewonnen wurde, die an der südamerikanischen Westküste nisteten. Guano war als Düngemittel bei den Quetschua schon lange vor den Inkas bekannt.
Die Geschichte dieses Rohstoffs könnte man in dem bitteren Ausspruch "Guano vertrieb das Gespenst des Hungers aus Europa nach Südamerika"
zusammenfassen: der wirtschaftliche Boom, die industrielle Entwicklung, die durch die Ausbeutung der Guano- und Salpeterreserven ausgelöst wurde, fand mit der Herstellung künstlichen Ammoniaks ein jähes Ende.
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