Brigitte Ederer, Siemens-Generaldirektorin
Von der Politik in die Wirtschaft
"Das Unternehmen wird all das, was die Steuergesetzgebung bietet, so günstig wie möglich für sich nützen. Im Großen und Ganzen ist die derzeitige Steuergesetzgebung gut für Siemens-Österreich", so die neue Siemens-Österreich-Generaldirektorin Brigitte Ederer.
8. April 2017, 21:58
Brigitte Ederer im Gespräch mit Michael Kerbler
Michael Kerbler: Wie geht es denn Siemens wirtschaftlich?
Brigitte Ederer: Siemens Österreich - und wir sind ja auch zuständig für sieben Länder Zentral- und Osteuropas - geht's gut. Sehr gut.
Wie viel Gewinn?
Rund 200 Millionen. Über 200 Millionen.
Siemens Österreich, oder die Firmengruppe?
Na ja, da kommen Dividenden von der Gruppe herein.
Sind Sie zufrieden mit der Steuergesetzgebung in Österreich als Siemens-Generaldirektorin?
Herr Kerbler, das Unternehmen ist ein international tätiges. Und das Unternehmen wird all das, was die Steuergesetzgebung bietet, so günstig wie möglich für das Unternehmen nützen. Das ist so. Und im Großen und Ganzen ist die derzeitige Steuergesetzgebung gut für Siemens-Österreich.
Hätte die Politikerin Ederer vor dem Jahr 2000 einer Senkung der Körperschaftssteuer von 36 auf 25 Prozent zugestimmt?
Diese Frage stellt sich nicht mehr. Ich hab das nicht mehr abzustimmen, und ich sitz in einer anderen Position. Aber jetzt find ich es fürs Unternehmen gut.
Wobei ... ich red nicht "keinen Steuern" das Wort. Ich weiß ja - und wir sind ja auch dort tätig: Öffentliche Hände brauchen ja Geld um zu investieren. Und wir merken ja zum Beispiel, dass die Kommunen sehr wenig momentan an Mitteln haben, um zu investieren, und das schlägt sich natürlich auch in einem Unternehmen wie Siemens in einer geringeren Nachfrage nieder. Also es ist ja nicht so, dass man sagt: "Juhuu, jetzt zahl'ma weniger Steuern", sondern weniger Steuern heißt weniger Einnahmen der öffentlichen Hand, heißt letztendlich weniger Investitionsmöglichkeiten, und das hat natürlich auf unseren Umsatz eine Auswirkung.
Also das Leben ist ja nicht so einfach: Wenn man an einer Schraube dreht, drehen sich ja - leider - immer wieder fünf mit und nicht nur die eine, an der man gerade dreht.
Die Einnahmen des Staates aus Einkommenssteuer von juristischen Personen - um es einmal so breit zu fassen - haben sich seit 1965 halbiert. Und die Lohnsteuern haben sich verdreifacht. Diese Disparität hat doch die Wurzel darin, dass alle europäischen Länder (es ist ja auch global so) eine Art Steuerwettlauf veranstalten. Jedes Land will, um Firmen und Unternehmen zu halten, möglichst niedrige Steuersätze anbieten. Das muss ja irgendwann ein Ende haben, nämlich dort, wo es die Firmen selber trifft?
Also uns trifft es, weil die öffentlichen Hände weniger Einnahmen haben. Das ist jetzt nicht eine Firmensicht - als Person Brigitte Ederer bin ich der Meinung, dass es ein vereinbartes Mindestmaß in der Europäischen Union geben und dieser Wettbewerb daher verkleinert werden müsste. Es muss ein bissl einen Wettbewerb der Standorte geben. Das ist sinnvoll, weil natürlich schwächer entwickelte Regionen die Chance haben müssen, sich besser zu präsentieren oder Unternehmen anzuziehen. Da ist es schon ein bissl grotesk, dass die Nettozahler in die EU einzahlen; davon bekommen ärmere Mitgliedsländer zu Recht Geld, um sich zu entwickeln, und verwenden dieses Geld, um einen Steuerwettbewerb zu machen, damit sie den Ländern, die Nettozahler sind, die Unternehmen weglocken.
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Im Gespräch, Donnerstag, 9. Februar 2006, 21:01 Uhr
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