Mae West: Sexsymbol, Stumm- und Tonfilmstar

When I am bad I'm better

Ein Sexsymbol, das gar nichts Engelhaftes an sich hatte, war Mae West bereits in jungen Jahren. Wegen Obszönität musste sie sogar einmal ins Gefängnis. Sie gab sich immer kämpferisch gegenüber der Zensur, aber auch für die Rechte von Frauen und Homosexuellen.

"I like a guy who takes his time" (Ausschnitt)

"Wenn ich zwischen zwei Übeln zu wählen habe, dann nehme ich lieber das, welches ich noch nicht ausprobiert habe", sagte einst Mae West - Baby Vamp und erster Sex-Star der 20er und 30er Jahre. Und ausprobiert hat sie wahrlich Vieles ...

Als Stumm- und Tonfilmstar war sie u. a. auch eine Vorkämpferin der Rechte von Frauen und Homosexuellen. Nach einem Gefängnisaufenthalt wegen Obszönität auf der Bühne lernte sie, Drehbücher für die Zensoren zu schreiben - mit Szenen zum Herausstreichen. Fast nebenbei machte die Regisseurin und Theaterautorin nicht nur in Hollywood, sondern auch als Sängerin ihrer Liedtexte am Broadway in New York Karriere.

She done him wrong

Mit den erotischen Bewegungen jenes Shimmy, den sie geade in einer Negroe Jazz Bar kennengelernt hatte, trat sie etwa 1933 auf die Bühne und sang "I like a guy who takes his time“. Wofür sich der Kerl Zeit nehmen sollte, war klar. Der Film hieß "She done him wrong“ - und wir tun ihr sicher nicht unrecht, wenn wir sie zitieren, wie sie von sich sagte: "Es wird nie wieder einen Star wie mich geben".

Der Film war damals ein Kassenschlager. Gary Grant war ihr Partner, Mae West alias Lady Lou spielte eine Nachtklub- Besitzerin, unter deren zalhreichen oder zahllosen Verehrern auch ein Krimineller war. Sie konnte sicher damit umgehen, denn sie saß ja selbst im Gefängnis. Die prüde amerikanische Männerwelt war nämlich auf ihren immensen Erfolg aufmerksam geworden und wollte die freche Autorin und Darstellerin mit Gefängnis bestrafen und bessern. Aber Mae West ließ sich nur ungern bessern: "When I'm bad I'm better“. So heisst auch ihre Biografie. Marybeth Hamiltons "When I am bed I am better“ ist übrigens im Verlag der University of California Press erschienen.

I am no angel

So hieß ein Film aus den 30er Jahren, in dem auch ihre Sprüche "West-isms" berühmt wurden - etwa jener: Ein Mädchen sagt zu ihr: "Goodness, was für wunderschöne Diamanten Sie tragen". Mae West darauf: "Mit Goodness hat das nichts zu tun" - eher mit dem Sugar Daddy, von dem sie sang ...

Ihr Weg begann in einer Stadt - in jener, die niemals schläft: Mae West wurde am 17. August 1892 im New Yorker Stadtteil Brooklyn geboren. Ihr Vater war ein Mietstallbesitzer, ihre Mutter stammte aus einer bayerischen Bierbrauerfamilie und arbeitete vor der Heirat als Fotomodell.

Bereits als Siebenjährige war Mae in New Yorker Vorstadtrevuen als "Baby-Vamp“ ein Kinderstar. Sie besuchte nur zeitweise die Schule, statt dessen erhielt sie Privatunterricht und schloss mit 13 Jahren die Schulausbildung ab. Dann kam das Vaudeville, die reisende Bühne, in der sie tanzte, spielte und sang.

Mit 19 Jahren heiratete sie das erste und einzige Mal. Die Ehe hielt nur eine Tournee lang. Sie kommentierte das mit: "Marriage is a fine institution, but I'm not ready for an institution.“ Oder: "Marriage is like a book. The whole story takes place between the covers.“

Inszenierte Weiblichkeit

In dem Film "She done him wrong“ kämpfte sie auch mit der Zensur-Behörde: "Die wollten mich nicht einmal auf einem Männer-Schoß sitzen lassen, und ich lag auf mehr Männer-Schößen als eine Serviette“, sagte sie.

Früh feilte sie an ihrem Image der inszenierten Weiblichkeit: die "gach-blonde" Frisur, die auf dünne Striche gezupften Augenbrauen, die dunkel gerandeten Augen, die große Feder am Hut - das war Mae West, die inszenierte weibliche Erotik, gemischt mit Kindchen-Erotik.

Sie sang mit einer näselnden, verschleifenden Stimme, die alles konnte und so tat, als sei sie ganz ungekünstelt. Eine Tradition, die wir heute vermissen.1915 verfasste sie ihren ersten Song und trug ihn - in ein Leopardenfell gehüllt - vor. Sie blieb immer die große Katze und spielte mit ihr. Einmal gab sie eine Löwenbändigerin ab, die ihren Kopf in jenen des Löwen steckte.

Trotz Zensurkämpfe Erfolge am laufenden Band

Mae West ging es immer um mehr als um plumpe Tabubrüche: "Sex“ hieß 1926 ein Broadway Stück über eine New Yorker Prostituierte. Es gab 375 Vorstellungen, ehe die "Gesellschaft zur Bekämpfung des Lasters“ eine polizeiliche Schließung erreichte und sie wegen "Verderbung der Moral Jugendlicher“ zu einer achttägigen Gefängnisstrafe verurteilte.

1926 kam auch ihr Stück "The Drag“ heraus - über die Probleme eines Homosexuellen. Es durfte nur zwei Wochen lang aufgeführt werden. Danach wurde es verboten. Ihre Karriere war immer gekennzeichnet von polizeilichen Verboten, Zensuren, allgemeiner moralischer Entrüstung, aber - nachdem die Moralapostel ihre Stücke auch alle gut gesehen hatten - auch von großen Erfolgen.

Einer davon war "Every day is a holyday“: 1937 noch in Schwarz-Weiß gedreht, erzählte dieser Film die Geschichte von Mademoiselle Fifi und ihrer Musketiere. Mae West spielte dabei eine weibliche Robin-Hood-Figur, die den Wahlsieg des korrupten Bürgermeisters als Schwindel entlarven konnte. Auch Louis Armstrong war in dem Streifen zu sehen. Die Kritik schwärmte: "It's got music! It's got laughs! It's got rhythm! It's the best of the West!“ Mae schrieb dazu auch das Drehbuch; die Musik stammte von Sam Coslow; der Film war damals für den Oscar nominiert.

Agil bis ins hohe Alter

In den 1970er Jahren griff die damals 80-jährige Mae West wieder ein verbotenes Thema auf: in dem Transvestitendrama "Myra Breckinridge - Mann oder Frau?“. Der Film war ein "Desaster“ und laut Kritikermeinungen einer der schlechtesten Filme aller Zeiten - auch Farah Fawcett konnte ihn nicht retten.

"From the book that couldn't be written comes the motion picture that couldn't be made!“ Ihr letzter Auftritt war in der Filmkomödie "Sextette“. Da war sie 86. Ihr Kurzeitgedächtnis litt bereits, aber sie konnte noch immer flotte Sprüche klopfen: "Es sei Zeit nun, sich nur noch um den Garten zu kümmern“. Oder: "Ich war einmal Schneewittchen, aber ich bin davon abgekommen".

Während der letzten 26 Jahre ihres Lebens war der Sportler Paul Novak ihr Begleiter, der eigentlich Chester Ribonsky hieß und sich "Chuck Krauser“ und schließlich "Paul Novak“ nannte. Im August 1980 erlitt Mae West dann ihren ersten Schlaganfall, am 23. November 1980 starb sie im Alter von 98 Jahren in Hollywood.

Mehr dazu in Ö1 Programm

Hör-Tipp
Spielräume Spezial, Sonntag, 5. Februar 2006, 17:10 Uhr

Buch-Tipp
Ernst Probst, "Superfrauen", Verlag Ernst Probst, ISBN 3935718128

Links
Wikipedia - Mae West
IMDb - Filmografie
Verlag Ernst Probst