Membranen im Raum

Eine Welt ist nicht genug - Teil 1

Wenn man Relativitätstheorie und Quantenmechanik konsequent weiterdenkt, dann führt das über die Grenzen des Universums hinaus. Und es stellt sich die Frage: Gibt es parallele Universen? Noch haben die Wissenschaftler keine Antwort.

Seit einiger Zeit beschäftigen sich Naturwissenschaftler in den Forschungslabors der Welt mit der Frage: Ist unser Kosmos wirklich der einzige? Oder gibt es weitere parallele Universen?

Es gibt allerdings keine einheitliche Theorie paralleler Universen. In der Quantenphysik beispielsweise führen philosophische Überlegungen Physiker zur Ansicht parallele Welten existieren. Obwohl man diese quantenmechanischen, parallelen Welten nie experimentell nachweisen wird können.

Parallele Universen der Quantenmechanik

Die Quantenmechanik: Rätselhaftes Rechnen um Protonen, Neutronen, Elektronen und Photonen, die Teilchen des Lichtes. Die kleinen Teilchen der Quantenmechanik stoßen aneinander oder durchdringen sich gegenseitig wie Wasserwellen. Wenn man ihre Bahn nach den Gesetzen von Ursache und Wirkung errechnen will stellt man überrascht fest: Je genauer man die eine Größe misst, desto ungenauer wird die andere. Denn es gilt die Heisenbergsche Unschärferelation.

Eine Welt ist nicht genug

Eine Welt ist nicht genug, sagten sich der Physik-Doktorrand Hugh Everett und sein Betreuer John Wheeler von der Princeton University, New Jersey, USA, die es 1957 mit dem quantenmechanische Nicht-Wissen ernst nahmen. Zugegeben, so argumentierten die beiden, ein kleines Teilchen könne seinen Ort verlieren. Es könne also in eine Situation geraten, in der es kein "hier" und "jetzt" mehr gebe. Es sei dann gemäß den Gleichungen der Quantenmechanik mit verschiedenen Aufenthaltswahrscheinlichkeiten über den ganzen Raum verschmiert.

Man könne dieses Teilchen genau so gut in der linken Ecke des Labors wie in der rechten Ecke messen. Doch zwei verschiedene Ereignisse - und hier kommt die Weltformel ins Spiel, die quantenmechanisch sein muss - sind zwei verschiedene Lösungen dieser gedachten Weltformel. Und da eine Lösung der Weltformel ein ganzes Universum beschreibt, beschreiben zwei unterschiedliche Lösungen zwei verschiedene Universen.

Nur ein Schatten einer höheren Dimension

"Das ist der Kern der Multiversumtheorie oder der Theorie der parallelen Universen. Sie schlägt ein bestimmtes Universum vor, wo man Plus Eins sieht, und ein zweites mit Minus Eins. Und das Universum als Ganzes verhält sich deterministisch. Man kann vorhersagen, was das Universum als Ganzes machen wird", sagt Hugh Everett. Was wir also sehen in dieser Welt ist laut dem Physiker David Deutsch lediglich der Schatten, die Projektion aus einer höheren Dimension.

Die getrennte Kopie

Es ist schwer zu glauben. Weil ein Physiker in einem Labor der Welt eine quantenmechanische Messung macht, entsteht ein paralleles Universum. Dieses parallele Universum, sagt der Physiker Michio Kaku von der City University of New York, ist eine exakte Kopie des unseren. Lediglich eine einzige quantenmechanische Messung in einem physikalischen Labor ist anders. Doch nach dieser Messung entwickeln sich die beiden Universen vollkommen getrennt voneinander.

Diese vollkommene Trennung paralleler Universen macht Physikern wissenschaftliche Probleme. Es kann prinzipiell kein Experiment zur Überprüfung paralleler Universen der Quantenmechanik geben. Und ohne Nachweis-Experimente kann man nicht von einer quantenmechanischen Theorie paralleler Universen sprechen.

Wo ist der Platz für ein zweites Universum?

Auf der Suche nach einer Weltformel stehen Physiker vor einer schwierigen Aufgabe. Sie müssen nicht nur alle subatomaren Teilchen in ihren Gleichungen unterbringen, sondern auch vier prinzipiell unterschiedliche Kräfte. Die Gravitation, der Magnetismus und zwei sonderbare Kräfte, starke und schwache Kernkraft genannt, die allein in Atomkernen vorkommen.

Das Problem: Drei der Kräfte kommen als Anziehung und als Abstoßung vor, die Gravitation symmetriebrechend lediglich als Anziehung. Die Symmetrie stellt sich unter einer sonderbaren Annahme wieder ein. Man muss davon ausgehen, dass subatomare Teilchen nicht wie Glasmurmeln aussehen, sondern wie schwingende Saiten einer Gitarre, sagt Michio Kaku von der City University of New York.

Die String-Theorie

"Die String-Theorie besagt: Alle Teilchen, wie wir sehen, sind in Wirklichkeit einzelne Töne einer Saite. Wie das a b c auf einer Geige. Ein Elektron kann beispielsweise ein a sein. Dann könnte das Neutrino ein b sein, ein Quark ein c. So bekomme ich viele, viele Noten. Was nichts anderes heißt als: Ich habe viele, viele Teilchen", erklärt Kaku.

Die Stringtheorie funktioniert nur, wenn man annimmt: es gebe mehr als drei Dimensionen. Manche Wissenschaftler vermuten: es sind elf. Andere sagen zehn. Sicher ist, dass es mehr als fünf sind. Und in fünf Dimensionen können viele Längen, Breiten und Höhen unseres Raumes wie Membranen übereinander schweben. Parallele Universen, durch den schmalen Spalt einer höheren Dimension getrennt.

Das dreidimensionale Universum ist demnach nichts als eine Membrane im Raum. Eine andere Membrane ist nur den Billionsten Teil des Durchmessers eines Atomkerns entfernt. Aber, so Kaku, wir können sie nicht berühren, sie nicht fühlen, nicht sehen, weil wir nicht in die andere Dimension können. Aber das andere Universum ist ganz nahe. Wir können die Anziehungskraft fühlen, aber wir können dort nichts berühren.

Damit rückt gerade mit dem scheinbar schlagenden Argument, in der Unendlichkeit unseres Weltalls sei kein Platz für einen zweiten, unendlich großen Kosmos, die Möglichkeit paralleler Universen in greifbare Nähe.

Denn es transferiert das reine Ideenspiel um quantenmechanische Grundgleichungen in den Bereich physikalischer Realität. In astronomischen Dimensionen gedacht müssten Beobachtungen möglich sein, die auf parallele Universen hindeuten. Beobachtungen am Nachthimmel, die ihre Ursache in einem Universum jenseits einer höheren Dimension haben.

Hör-Tipp
Dimensionen, Donnerstag, 19. Jänner 2006, 19:05 Uhr

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