Ein langer und weiter Weg
Es begann mit einem Paar Schuhe
Einer der bekanntesten Österreicher, der Bergsteiger, Forscher und Lehrer des Dalai-Lama Heinrich Harrer ist am 7. Jänner 2006 gestorben. 1992, zu seinem 80. Geburtstag, wurde in Hüttenberg ein ihm gewidmetes Museum eröffnet.
8. April 2017, 21:58
Von seinem Kärntner Geburtsort um ein Ausstellungsstück für das Dorfmuseum gebeten, schickte Heinrich Harrer ein paar alte Bergschuhe. Dieses Ausstellungsstück steht zum einen für den Weg des späteren Bergsteigers und Forschungsreisenden hinaus in die Welt, zum anderen sollte es den berühmten Sohn wieder zurück in die alte Heimat führen.
Mittlerweile hat Hüttenberg sogar ein eigenes Heinrich-Harrer-Museum. Im Juli 1992 wurde es in Anwesenheit des langjährigen persönlichen Freundes Harrers, des Dalai Lama, feierlich eröffnet. "Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen", strahlte damals ein sichtlich gerührter Harrer.
Ausgezeichneter Sportler
Heinrich Harrer wurde am 6. Juli 1912 in Obergossen bei Hüttenberg geboren. Er hatte kein reiches Elternhaus, das ihm seinen Drang, in die Welt hinaus zu gehen, finanzieren hätte können. Als sein Vater, ein Postbeamter, 1927 nach Graz versetzt wurde, konnte er die Realschule besuchen. Er maturierte und studierte Sport und Geografie. Die Ferien gehörten den Bergen, sein Taschengeld verdiente er sich mit Bergführungen und Skikursen. Was für ein exzellenter Sportler er war zeigt auch, dass er dem österreichischen Skiteam für die Olympischen Spiele 1936 angehörte und 1937 akademischer Weltmeister im Abfahrtslauf wurde.
Die Eiger Nordwand
Nach Abschluss der Lehramtsprüfung machte sich Harrer mit seinem Freund Fritz Kasparek auf den Weg zum Eiger. Am 21. Juli 1938 stiegen sie in die als "Mordwand" bezeichnete Nordwand ein, und am 24. Juli um 15:30 Uhr hatten sie gemeinsam mit zwei weiteren Bergsteigern, Anderl Heckmair und Wiggerl Vörg, als erste die Wand bezwungen.
In den 1990er Jahren musste eingestehen, dass er Mitglied der NSDAP und der SS gewesen war. Er rechtfertigte sich damit, dass er ohne Partei- und SS-Mitgliedschaft niemals an dieser Erstbesteigung der Eiger-Nordwand teilnehmen hätte dürfen.
Auf zum Nanga Parbat
Als nächstes Ziel lockte der Himalaja. Kurz nach seiner Hochzeit im Dezember 1938 mit Lotte Wegener, der jüngsten Tochter des bekannten Grönland-Forschers Alfred Wegener, erreichte Harrer auch tatsächlich die Einladung, an der Erkundungsexpedition zum Nanga Parbat mitzumachen. Was dieser Weg schließlich für ihn bedeuten sollte, das konnte er sicherlich nicht abschätzen.
In Karatschi wurden die Expeditionsmitglieder von indischen Soldaten verhaftet und in das englische Internierungslager Ahmednagar, später nach Dehra Dun, gebracht. In der langen Zeit der Gefangenschaft bis 1944 bereitete sich Harrer nicht nur immer wieder auf die Flucht vor, sondern er lernte auch Hindostani, Tibetisch und Japanisch und zeichnete Landkarten. Am 29. April 1944 gelang ihm schließlich gemeinsam mit Peter Aufschnaiter die Flucht. Sie dauerte zwei Jahre und führte über 65 Himalaja-Pässe in einer Seehöhe von 5.000 bis 6.000 Meter. 2.000 Kilometer hatten die beiden dabei zu Fuß zurückgelegt.
Zweite Heimat Tibet
Am 15. Jänner 1946 erreichten sie das ersehnte Ziel: die verbotene Stadt Lhasa in dem damals noch unabhängigen Tibet. Tibet mit seinen freundlichen Menschen wurde für Heinrich Harrer schließlich zur zweiten Heimat. Aufschnaiter wurde Berater der tibetischen Regierung in landwirtschaftlichen und städtebaulichen Fragen, Harrer Erzieher, Berater und schließlich Freund des jungen Dalai Lama, der nach der blutigen Niederschlagung des tibetischen Volksaufstandes durch chinesische Truppen 1959 nach Indien flüchten musste. Harrer selbst verließ Tibet 1951.
Die Flucht und die danach in Lhasa verbrachten fünf Jahre machten den Kärntner und den Tiroler berühmt und ließen später Harrers Buch "Sieben Jahre in Tibet" zu einem Welterfolg werden. Das Buch wurde 1997 von dem französischen Regisseur Jean-Jacques Annaud mit Brad Pitt in der Hauptrolle verfilmt.
So oft als möglich unterwegs
Nach über 13 Jahren kehrte Harrer also nach Europa zurück. Sein Abenteuer- und Forscherdrang war jedoch nicht gestillt. 1961/62 durchquert er West-Neuguinea, 1964/65 Nepal und das Himalaja-Gebiet, 1966 Surinam und das Amazonasbecken, 1969 Französisch-Guayana, 1970 Grönland, 1971 den Sudan, 1972 Borneo, 1973 wieder Nepal, 1975 die Andamanen-Inseln, 1976 Ladakh, 1977 das Ruwenzori-Gebiet, 1978 Sikkim, 1980 Sikkim und Bhutan, sowie 1981 - mit 69 Jahren! - ein weiteres Mal Nepal. 1982 gab es ein Wiedersehen mit dem zerstörten Tibet. 1983, 1984 und 1986 bereiste er neuerlich Bhutan.
Dem Sport treu geblieben
Neben seiner schriftstellerischen und seiner Forschertätigkeit - in über 20 Bücher und mehr als 40 Fernsehsendungen dokumentiert - ist Harrer immer seiner Liebe zum Sport und zum Bergsteigen treu geblieben. Wenn er in den letzten Jahren in die Berge ging, dann drängte es ihn nicht mehr wie früher zum Gipfel. "Das Schönste ist der Weg zum Berg", sagte er, "der Weg, die Natur zu genießen". Seinen letzten Weg ist er am 7. Jänner gegangen.
Hör-Tipp
Hörbilder, Samstag, 14. Jänner 2005, 9:05 Uhr
Mehr dazu in Ö1 Programm
Download-Tipp
Ö1 Club-Mitglieder können die Sendung nach Ende der Ausstrahlung im Download-Bereich runterladen.
TV-Tipps
"Sieben Jahre in Tibet", Samstag, 14. Jänner 2006, 21:10 Uhr, ORF 1
Mehr dazu in tv.ORF.at
Universum, "Heinrich Harrer - Der letzte Entdecker", Sonntag, 15. Jänner 2005, 14:05 Uhr, ORF 2
Mehr dazu in tv.ORF.at
"Grenzenloses Abenteuer - Das Leben des Heinrich Harrer", Sonntag, 15. Jänner 2006, 11:00 Uhr, 3sat
Links
3sat - Grenzenloses Abenteuer
Hüttenberg Museum