Vom Denken und Schenken

8. April 2017, 21:58

Denke ich über Geschenke nach, fallen mir zu allererst Bücher ein. Der liebt gutes Essen, also passt XXX, die hat bei unserem letzten Treffen von der wilden Bergwelt geschwärmt, also würde sie sich über YYY ganz bestimmt freuen. Und für S, die Krimis verschlingt wie andere Schokoladeneis, wäre der neueste ZZZ geradezu ideal.

Das, liebe Leser, ist leider ein Trugschluss. Nach einigen nicht ganz überzeugend wirkenden "Jö, das ist aber (was auch immer)!" stehe ich vor der großen Qual: Was schenke ich meinen Lieben? Was zum Teufel interessiert die eigentlich noch? Soll ich Essensgutscheine, pardon: Restaurantbesuche verschenken, oder mit 17 Parker-Punkten und 99 Slow-Food-Schnecken (oder umgekehrt???) bewertete Weinpreziosen? Oder war nicht S unlängst erst auf dem Eso-Trip und würde sich daher über supertolle von einem Guru aus dem Himalaya gefertigte und daher gesegnete Glücksbeschwörerkerzen freuen? Und wer garantiert mir, dass diese Geschenke besser passen?

Nein, meine Lieben, ich schwöre, ich habe es versucht. Gebt zu, es war ein Reinfall. Nie mehr wieder möchte ich die mich ungläubig anstarrenden Gesichter nach dem Auspacken der Geschenke sehen, nie mehr wieder möchte ich Aussagen hören wie "Ach, gibt es jetzt Bücher in Flaschenform?"

Nur damit Ihr wisst, meine Lieben, dieses Bücherverschenken ist durchaus nicht einfach! Nicht nur, weil genau justiert werden muss, ob besagtes Buch auch zur besagten Person passt, was eine eingehende inhaltliche Prüfung verlangt (weshalb Buchhandlungen mit Schmöker-Ecken für mich ideal sind), sondern auch weil...

Denken Sie, lieber Leser, wirklich, ich könnte Bücher einfach so verschenken? Dieses wunderbare Kochbuch, in dem der Münchner Starkoch Mario Gamba seine Lebensphilosophie und seine Lieblingsrezepte preisgibt? Diese beiden "Berg-Kailash-Bücher", die mich so berührt haben? Diesen großartigen Fotoband, der die Schätze der Anden so kostbar präsentiert, als wäre das Buch ein Schrein? Diese mit Fotos dokumentierte Reise von Alaska bis Feuerland, die genauso heißt wie der erste Kinofilm, den ich vierjährig und aufgeregt Papas Hand haltend auf den rotsamtigen Polstern im dunklen Melker Lichtspieltheater genoss, nämlich "Panamericana"? Donna Leons neueste Auslassungen über Venedig? Die spannende Biografie der krassesten Königin der Welt, Christina von Schweden? Oder die beiden fulminanten neuen Weinkrimis?

Ja, doch, ich verschenke sie. Aber - und das ist der Grund, weshalb mein Steuerberater regelmäßig meint: "Geschenke können Sie nicht absetzen" und genauso regelmäßig einen Packen Rechnungen in die Hand bekommt, auf denen alle Bücher vermerkt sind, die ich bei jener Gelegenheit gekauft habe, und auf denen neben jedem Buchtitel "2 x" steht.

Tja, Weihnachten ist teuer!