Die Vollstreckung von Urteilen

Todesstrafe und Doppelmoral

Der kalifornische Gouverneur Arnold Schwarzenegger sorgte in Österreich für einen Sturm der Entrüstung, als er Stanley "Tookie" Williams hinrichten ließ. Führt die Ablehnung der Todesstrafe in den USA tatsächlich zum Ende einer politischen Karriere?

Sie wollen Beispiele? Bitte sehr: Ein Sarg auf der Schulter, eine Maschinenpistole in der Hand - und dann wird geballert. Tack-Tack-Tack-Tack. Oder: ein Schwert zischt durch die Luft, trifft den Hals einer Frau, der Kopf löst sich vom Körper, taumelt zu Boden - Arnold Schwarzenegger als Hauptdarsteller in den Filmen "The Terminator" und "Conan, der Barbar". Die Filme stammen aus den 1980er Jahren und gehören zu den wichtigsten Beiträgen der "Steirischen Eiche" zur amerikanischen Filmkunst. Gedreht, lange bevor er Gouverneur von Kalifornien wurde. Sein Filmruhm, und nicht seine politische Karriere, bilden auch die Basis für die Entscheidung der steiermärkischen Landesregierung, ihm das neu gebaute Stadion zu widmen, jenes Stadion, das nun wieder seinen Namen verlieren soll.

So etwas von Doppelmoral hat man schon lange nicht mehr gesehen. Natürlich waren die Toten in "Arnies" Filmen das Resultat (gut) gespielter Filmszenen, die "Leichen" waren hervorragend geschminkt, und wenn einmal ein Kopf vom Körper getrennt wurde, hat die Computeranimation ihren Teil dazu beigetragen. Aber: Die Ideologie, die dahinter steckt, ist die gleiche - warum sollte jemand, der mit solchen Filmen Millionen, wenn nicht Milliarden verdient hat, anders entscheiden, wenn es um die Vollstreckung eines Todesurteils geht? Und trotzdem hat Gouverneur Arnold Schwarzenegger auch hier zu Lande für einen Sturm der Entrüstung gesorgt, als er Stanley "Tookie" Williams hinrichten ließ.

Nur damit kein Missverständnis entsteht: Auch ich bin ein Gegner der Todesstrafe, sie ist eines demokratischen Staates unwürdig. Aber das Wehklagen klingt in diesem Fall auch noch aus anderen Gründen hypokritisch: Allein die Tatsache, dass Williams bis zuletzt geleugnet hat, mit den Morden, die ihm zur Last gelegt wurden, etwas zu tun gehabt zu haben, diese Tatsache beweist noch lange nicht seine Unschuld. Im Gegenteil: Die Beweislast war erdrückend, auch wenn hier zu Lande niemand davon gesprochen hat - und nur ganz am Rande ist das Wort "Mörder" in den Mund genommen worden.

Dass Williams den Vater von zwei kleinen Mädchen hinterrücks erschossen hat, um dann aus dem Geschäft mit erbeuteten USD 120 zu flüchten, blieb genauso unerwähnt, wie der andere Mord an drei chinesischen Geschäftsbesitzern, Vater, Mutter und Tochter. Beute: USD 100. Der Mann war allen Erkenntnissen nach ein Mörder und nicht ein begnadeter Literat.

Der geschätzte Kollege Hans Rauscher schreibt im "Standard": "Dass die Todesstrafe keine Schwerverbrechen verhindert (...) (weiß) eine sehr große Mehrheit der Amerikaner nicht." Irrtum: Die letzte Umfrage (Gallup, Mai 2004) ergab, dass 62 Prozent der Befragten die Todesstrafe nicht mehr für eine abschreckende Maßnahme halten. Oder: "Wer in den USA politisch überleben will, darf die Todesstrafe nicht ablehnen." Nicht ganz richtig: Sowohl Gouverneur Hugh Carey als auch Mario Cuomo (Bundesstaat New York) haben Gesetzesanträge beeinsprucht, die die Todesstrafe wieder einführen wollten. Beide sind damals trotzdem wieder gewählt worden.

Darum stimme ich auch seinem Schlusssatz zu: "Allerdings, und das ist die Hoffnung, beginnen auch dort allmählich die Zweifel." Die werden nicht zuletzt dadurch genährt, dass dank moderner Chemie (DNA-Analyse) sich immer wieder Todeskandidaten als unschuldig erweisen. Ein schwacher Trost, aber immerhin einer.

Mehr zu Ante Gotovina und Stanley "Tookie" Williams in oe1.ORF.at

Links
Wikipedia - Stanley "Tookie" Williams III
Arnold Schwarzenegger
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