Hauchdünn am Teller
Carpaccio
Benannt nach dem venezianischen Renaissancemaler Vittore Carpaccio und kreiert anno 1950 von Guiseppe Cipriani, überzeugt diese Vorspeise mit simpler Raffinesse. Hauchdünnes rohes Rindfleisch, garniert mit einem weißen Dressing, das ist das Original.
8. April 2017, 21:58
Klingende Namen tragen in der kulinarischen Welt häufig zum Siegeszug eines Gerichtes bei. Hört sich gut an, denkt sich der kulinarische Klangschmauser, schaut gut aus, denkt sich die Augenverkosterin - und es schmeckt vortrefflich, stellen Feinschmeckerin und Feinschmecker fest.
Hauchdünn plattiertes rohes Rindfleisch, garniert mit einer weißen Sauce aus Mayonaise, zwei Esslöffeln Milch, abgeschmeckt mit Worcestershiresauce, Zitronensaft, Salz und Pfeffer, so wird der "Vorspeisenklassiker" zubereitet, besser gesagt hergerichtet. Ein kulinarischer Knüller, ein verzehrbares Gemälde und ein klangvoller Name.
Arrigo Cipriani in seinen Erinnerungen über die Entstehung der legendären Harry's Bar in Venedig und die Rezeptkreationen seines Vaters Guiseppe Cipriani:
Carpaccio ist das beliebteste Gericht in Harry's Bar. Es ist nach Vittore Carpaccio benannt, dem venezianischen Renaissancemaler, der berühmt ist wegen seiner brillanten Rot- und Weißtöne. Mein Vater kreierte dieses Gericht im Jahre 1950, dem Jahr der großen Carpaccio-Ausstellung in Venedig. Zum ersten Mal servierte er es der Contessa Amalia Nani Moscenigo, die Stammgast bei ihm war und der der Arzt das Essen von gekochtem Fleisch verboten hatte.
Unsinncarpaccio
Bald wurde "Carpaccio" zum Synonym für alles "Hauchdünne" auf dem Teller, in den merkwürdigsten Varianten eroberte es die Speisekarten der Welt.
Prof. Franz Zodl, legendär als Fernsehkoch, ein Purist, der es mit der Geschichte und der korrekten Bezeichnung eines Gerichtes sehr genau nimmt, kann sich nicht damit anfreunden, dass so manche altbewährte Speisen plötzlich, nur weil es chic und trendy ist, sprachveredelt werden. Der Erdäpfelsalat mutiert da zum noblen "Kartoffelcarpaccio" und der "Raunasalat" ist schon längst ein Genuss gewesen, bevor er in Form eines "Roten Rübencarpaccios mit Ziegenkäse" als vegetarische Fälschung der rotweißen Farbenpracht des Malers Vittore Carpaccio seine Wiedergeburt erlebt hat.
Ananas-Melonen-Carpaccio
Die klangvolle Bezeichnung Carpaccio als Lockmittel hat sich weltweit durchgesetzt, sagt Joseph Hausberger, vom Kokoro, einem kleinen Lokal im ersten Bezirk in der Rotenturmstrasse in Wien.
Fünfundzwanzig Jahre lang war er Küchenchef in zahlreichen fernöstlichen Luxushotels, Unmengen von Auszeichnungen und Goldmedaillen, zweimal zum Beispiel für das beste Gericht des Jahres in Tokio, zieren sein Lokal. "Global cuisine" nennt er seine asiatisch inspirierte Weltküche.
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Moment, Freitag, 21. April 2006, 17:09 Uhr
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Kokoro