Alte Reißer und frisches Gwachs

Ringsgwandl neu und klassisch

"Ich verwurste, was um mich herum passiert", sagt Georg Ringsgwandl und vermischt in seinem neuen Programm Klassiker wie das Lied über den "Gartennazi" mit neuen Texten zum absurden Alltag und den dazu gehörenden menschlichen Verrenkungen.

"Mein Hund ist falsch ernährt"

"Früher dachte ich, ein ordentliches Konzert besteht aus einer Reihe von Songs, die möglichst sauber gespielt werden. Als ich dann auf die Bühne ging, war unsere Musik so windig, dass die Leute für eine launige Ansage zwischen den Songs ganz dankbar waren. Im Laufe der Tingelei über die Dörfer entwickelten sich daraus dann mehr oder weniger krumme Geschichten.“ So analysiert der bayerische Kabarettist Georg Ringsgwandl seine Erfahrungen, die er bei seinen Auftritten im Laufe der vergangenen 30 Jahren absolvierte.

Parallelwelten

Georg Ringsgwandl, Jahrgang 1948, hatte eigentlich bereits eine andere Karriere eingeschlagen, als es ihn auf die Kleinkunstbretter verschlug. Er studierte Medizin, arbeitete als Assistenzarzt am Münchener Klinikum Großhadern, lebte einige Zeit in Amerika und wurde schließlich Oberarzt und Kardiologe am Klinikum Garmisch-Partenkirchen. Parallel dazu schrieb er Songs, Texte und arbeitete an seinem ersten abendfüllenden Programm namens "Gurkenkönigs Hausfrauenshow", das er 1978 aus der Taufe hob. Während er sich im Brotberuf den Herzproblemen anderer Menschen widmete, ersann er privat neue Texte und Lieder:

"Ich bin ein gesamtgesellschaftliches Seismometer und meine Nadel schreibt die Songs. Mein Hirn ist ein Radiowellenempfänger und mein Maul der Lautsprecher, der die empfangenen Strahlen in Geschichten verwandelt.“

Vogelwild

Mitte der 1980er Jahre startet Georg Ringsgwandl als Performer durch. "Papst gsehng" brachte ihn in Deutschland auf die Liederbestenliste, 1987 wurde er mit dem Salzburger Stier ausgezeichnet und ein Jahr später mit dem Deutschen Kleinkunstpreis. Als sein Programm "Vogelwild“ gerade einmal ein Jahr gespielt wurde, entschloss er sich 1993, seinen Arztberuf für immer an den Nagel zu hängen und sich ausschließlich der Bühne zu widmen.

Seither lässt sich der nunmehr ehemalige Kardiologe intensiver auf Theater und Dramaturgien ein. Mit der Erzählung "24 Stunden Sanitär-Notdienst Maderegger" nimmt Georg Ringsgwandl am Ingeborg-Bachmann-Preis in Klagenfurt teil. Ende 1995 feiert er mit seinem Stück "Tankstelle der Verdammten" am Schauspielhaus Köln Premiere:

"Meine Absicht ist es, ein Musiktheater zu machen, in dem sich Leute, die Geschmack haben und die nicht ganz blöd sind, gut unterhalten können, intelligent, aber ohne Zeigefinger. Es gibt ganz wenige in dieser Art in Deutschland. Unsere Großväter haben ja die Operetten gehabt. Die 'Fledermaus' war damals einfach ein freches Stück, und die Leute laufen heute immer noch rein, obwohl es keine Aktualität mehr hat. Es muss doch möglich sein, dass wir eine Gattung finden, wo wir uns irgendwie aufgehoben fühlen“.

Der Ex-Arzt und sein schrilles Outfit

"Es gibt Künstler, die nicht besonders intelligent sind - die straft Gott durch Schönheit", sagt er. Georg Ringsgwandl "verschönt sich" daher anderwertig. Seine Auftrittsroben sind legendär. Ob in hautengen rosa Leggins, mit weißblonder Perücke, bemerkenswerten Hutfabrikationen oder mit Taucherbrille - sein Outfit verdient mit Recht die Bezeichnung schrill. Das absurde Moment drängt bei seiner Bühnenperformance und bei seinen Liedern stets in den Vordergrund.

In seinen Liedern beschreibt er "die verzweifelt kämpfende Kreatur mit erbarmungsloser Freude am entlarvenden Detail" - so hieß es in der Begründung der Jury des Prix Pantheon, dessen Sonderpreis in der Sparte "Reif & Bekloppt" im vorigen Jahr an Georg Ringsgwandl ging. Der Kabarettist nimmt es gelassen: "Du weißt, dass Du im Jahr 2005 bist, wenn Du unabsichtlich Deine PIN-Nummer in die Mikrowelle eingibst“, hat er auf seiner Homepage auf einer 17 Punkte umfassenden Liste zum Thema 2005 festgehalten. Außerdem bietet er auf selbiger - immerhin ist er ja Ex-Arzt - den Vordruck für Arbeitsunlust-Bescheinigungen.

Hör-Tipp
Contra, Sonntag, 30. Juli 2006, 22:05 Uhr

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Georg Ringsgwandl
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